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Transparenz in den Zahlungsströmen – ein erster Schritt hin zum verantwortlichen Umgang mit Rohstoffen

Von Sven Hilbig am

Wir erleben zurzeit einen historisch einmaligen Rohstoffboom. Viele der neu erschlossenen Abbau- und Förderungsstätten befinden sich in den Ländern des globalen Südens. Doch nur ein verschwindend geringer Anteil der Gewinne aus der Rohstoffextraktion kommt den Menschen vor Ort zugute. Ein Grund hierfür sind Steuervermeidung, Korruption und Intransparenz im Rohstoffsektor.

Ein Blick auf das Volumen der aus Rohstoffen erwirtschafteten Umsätze und Gewinne macht deutlich, um wie viel Geld es dabei geht: Die afrikanischen Exporte an Öl, Gas und Mineralien beliefen sich 2010 auf 252 Milliarden Euro. Sie waren damit etwa sieben Mal so hoch wie Gelder der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit (36 Milliarden Euro) in Afrika im selben Jahr.

Solange die Zahlungen der Rohstoffunternehmen an die Regierungen der rohstoffreichen Länder nicht offengelegt werden, können die Menschen ihre Regierungen nicht für die Verwendung dieser Gewinne verantwortlich machen. Die Offenlegung dieser Zahlungsströme ist somit ein wichtiger Beitrag zur Korruptionsbekämpfung und eine Voraussetzung dafür, den Menschen in den Abbauländern durch eine faire Unternehmensbesteuerung die Teilhabe an den Erlösen zu ermöglichen. Mit anderen Worten: Transparenz ist eine der wichtigsten Säulen für mehr Rohstoffgerechtigkeit.

Um mehr Transparenz bei den Zahlungsströmen im Rohstoffsektor durchsetzen zu können, starteten zivilgesellschaftliche Organisationen 2002 die Kampagne Publish What You Pay (PWYP). Die Kampagne zielt darauf ab, Regierungen und Unternehmen zur Offenlegung ihrer Zahlungen im Rohstoffsektor zu verpflichten. Darüber hinaus verlangt PWYP heute die Offenlegung der Verträge zwischen Unternehmen und Regierungen.

Im selben Jahr gründete sich – angestoßen von der britischen Regierung – die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI). Auch ihr geht es darum, die Transparenz von Zahlungsströmen im Rohstoffsektor zu erhöhen. EITI erhielt sehr viel Zulauf. 37 Staaten, die Weltbank, der Internationale Währungsfonds, über 60 Unternehmen und Investitionsfonds sowie verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen haben sich der freiwilligen Initiative inzwischen angeschlossen. Nichtsdestotrotz ist der Wirkungskreis von EITI begrenzt, da der Großteil der Staatengemeinschaft sie (noch) nicht unterstützt und es sich um ein freiwilliges Instrument handelt.  

 

Der Dodd-Frank Act

Verbindliche Offenlegungspflichten wurden erstmals 2010 in den USA mit dem sogenannten Dodd-Frank Act geschaffen. Dieses bahnbrechende Gesetz verpflichtet alle an der US-Börse notierten Erdöl-, Gas- und Minengesellschaften, sämtliche Zahlungen, die sie an Regierungen in den Produktionsländern getätigt haben, gegenüber der US-Börsenaufsichtsbehörde (Securities and Exchange Commission, SEC) offenzulegen. Darüber hinaus fordert das Gesetz von den Unternehmen auch die Auflistung der Zahlungen für jedes einzelne Projekt. Da die Vorgaben nicht nur für US-amerikanische, sondern auch für ausländische Firmen an der US-Börse gelten, fallen auch einige der größten europäischen Energie- (BP, Royal Dutch Shell) und Bergbauunternehmen (Rio Tinto, BHP Billiton) unter die Offenlegungspflicht der US-Börsenaufsicht SEC. Auch Unternehmen aus Schwellenländern – allen voran chinesische Konzerne wie Petrochina, CNOOC oder Chinalco – sind von dieser Regelung betroffen.

 

Der europäische Richtlinienentwurf

Angestoßen durch die amerikanische Regelung, legte auch die EU-Kommission im vergangenen Jahr einen Richtlinienentwurf zu Transparenzanforderungen und Jahresabschlüssen vor. Der von der EU-Kommission vorgelegte Richtlinienentwurf orientiert sich am Dodd-Frank Act, geht aber in zwei Punkten über das US-amerikanische Gesetz hinaus: Erstens sollen nicht nur börsennotierte, sondern auch große nichtbörsennotierte Unternehmen zur Offenlegung ihrer Zahlungen verpflichtet werden. Zweitens erstreckt sich der Geltungsbereich auch auf den Forstsektor.

Der Vorschlag der Kommission stieß zunächst auf erheblichen Widerstand und die diesbezüglichen Verhandlungen zwischen Europaparlament, EU-Ministerrat und EU-Kommission wurden von einigen Mitgliedsstaaten – darunter Deutschland – vehement blockiert. Es wurde eingewandt, die Offenlegung von Zahlungen sei mit hohen administrativen Folgekosten verbunden und könnte der Wettbewerbsfähigkeit der (europäischen) Unternehmen schaden.

Nach zähen Verhandlungen gelang der EU schließlich am 9. April 2013 eine informelle Einigung. Auch wenn genaue Informationen noch nicht verfügbar sind, scheinen wesentliche Aspekte des Kommissionsvorschlags übernommen worden zu sein. Zu begrüßen ist insbesondere die Einigung auf eine Offenlegungspflicht für jedes einzelne Projekt. Einige EU-Mitgliedsstaaten hatten während des Verhandlungsprozesses versucht, eine Regelung zu verabschieden, welche die Unternehmen lediglich dazu verpflichtet, die Gesamtsumme der Zahlungen an die entsprechenden Regierungs- und Verwaltungsebenen des Empfängerstaats offenzulegen. Eine solche Einschränkung würde es den Menschen in den Abbaugebieten unmöglich machen, die Zahlungen für das sie betreffende Projekt nachzuvollziehen. Es wäre nicht ersichtlich, ob die Unternehmen einen fairen Preis für die abgebauten Rohstoffe bezahlen und in angemessenem Umfang Steuern entrichten.

Weitergehende Forderungen der Zivilgesellschaft sind allerdings nicht einbezogen worden. Die Offenlegungspflicht umfasst nur große Unternehmen und Zahlungen von über 100.000 Euro.

 

Fazit

Eine abschließende Bewertung der neuen EU-Regelung ist erst nach der endgültigen Verabschiedung der Richtlinie möglich. Nach den bisherigen Informationen scheint die Einigung jedoch nicht, wie von vielen zivilgesellschaftlichen Akteuren befürchtet, den ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission komplett verwässert zu haben. Vielmehr hat die EU mit der neuen Regelung auf verpflichtende Transparenz im Rohstoff- und Forstwirtschaftssektor einen wichtigen Beitrag geleistet, um Korruption zu reduzieren und den Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft zu erweitern. Die Einigung lässt zudem hoffen, dass es bald auch in anderen Wirtschaftssektoren entsprechende Transparenzregelungen geben wird, da die Kommission aufgefordert wird, die Möglichkeit der Ausweitung der Transparenzvorschriften auf andere Sektoren zu prüfen.

Die Forderung nach mehr Transparenz kann jedoch nicht bei der Offenlegung der Zahlungsströme von Unternehmen und Regierungen stehen bleiben. Korruption ereignet sich auch bei der Exploration der Lagerstätten, der Vergabe von Konzessionen und der Vereinbarung von Förderverträgen oder Produktionsteilungsabkommen. Deswegen muss die Transparenz der Zahlungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette erhöht werden. Zudem wäre ein konsequenter nächster Schritt der Regierungen, nach den Regeln für Transparenz der Zahlungsströme nun auch Regeln für die Transparenz der Ressourcenflüsse zu schaffen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die hier verwendeten Rohstoffe nicht unter Verletzung ökologischer, sozialer oder menschenrechtlicher Mindeststandards abgebaut und verarbeitet wurden.


Sven Hilbig ist Referent Welthandel und Internationale Umweltpolitik bei Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst.

Sarah Lincoln ist Referentin für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 

bei Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst.

 

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