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streifzüge durch den kalten norden

Von Ehemalige Freiwillige am

Der titel dieses eintrags ruft beim leser wahrscheinlich bilder im kopf ab, deren wesentliche bestandteile kahle bäume, schneeverwehte landschaften und dick eingepackte menschen mit geröteten gesichtern sind. Bei mir auch. Dennoch steht er vor einem bericht von ganz anderen begebenheiten, von riesigen bambussprossen, staubigen sandpisten und braungebrannten menschen in zerissenen klamotten. Und ist dennoch angebracht, ja bezeichnend und den meisten kambodschanern käme bei besagtem titel wohl auch eher letzteres szenario in den sinn...

Es handelt sich bei den zu beschreibenden "streifzügen" um eine arbeitsreise, einen field visit, wie die interne bezeichnung hier lautet. Ich werde davon absehen tageweise dieselbe nachzuerzählen, ich kann aber voranstellen, dass ich die meiste zeit im auto verbracht habe, wobei die straßen, auf denen wir uns bewegt haben, mal besser und mal schlechter waren. ein deutscher autofahrer würde wahrscheinlich eher das prädikat unbefahrbar verwenden. die kambodschaner wissen das gegenteil zu beweisen und das auf teilweise sehr eindrucksvolle weise. hier nur einige, ausgewählte anekdoten:

Eines tages fuhren wir in ein fern entlegenes dorf, wir saßen zu sechst in einem geländewagen, wobei die beiden kollegen auf den hinteren plätzen von natur aus benachteiligt waren. Schon in der mitte reichen die mondkraterartigen schlaglöcher, bodenwellen und furchen vollkommen aus um einen ordentlich im wagen herumhüpfen zu lassen, aber über der hinteren radachse sieht die sache nochmal wesentlich unangenehmer aus. Darüber hatte ich mir zuerst keine allzugroßen gedanken gemacht, als dann aber hinter mir ein stechender geruch und wenig später die aufforderung zum halten sich bemerkbar machte, wunderte ich mich fast, dass die kollegen es lange überlebt hatten (und auch später kein wort der beschwerde verloren).

Eine halbe stunde später kamen wir in einer talsohle zum halten, ich nutzte die kurze wartezeit um mich zu erleichtern. Als ich zum auto, welches mittlerweile schon circa zwanzig meter weitergefahren war, zurücklief, fingen auf einmal alle leute um mich herum an mir irgendetwas zuzurufen und wild mit den armen zu fuchteln. Ich ging, etwas schneller nun weiter zum auto und stieg ein, weil ich nicht verstand was das problem war, da waren eben zwei laster, der eine offensichtlich mit problemen, weshalb ihn der andere abschleppte. Beeindruckend, aber nicht furchteinflössend fand ich. Später habe ich durch zufall einen mann getroffen, der dort auch in seinem auto gewartet hatte und der mir die aufregung der kambodschaner erklären konnte: die waren sich nämlich überhaupt nicht sicher, ob das seil halten würde, an dem der eine lkw den anderen zog und letztes jahr waren an selber stelle vier menschen gestorben, weil sie auf dem hang nicht stark genug bremsen konnten und so die schmale brücke verpassten, die über den kleinen fluss führte.

Sowieso brücken, man mag nicht glauben, mit welchem urvertrauen (aber auch geschick) die kambodschaner ihre wagen und laster über holzgebilde führen, die selten seitenbegrenzungen haben und noch seltener mein ganzes vertrauen genossen. Einmal mussten wir uns unsere auffahrrampe zur brücke gar selbst bauen, um auf der anderen seite dann kurz aufzusetzen, was nur mit einem kurzen auflachen quittiert wurde.

Was vielleicht auch noch in die rubrik der transportabenteuer gehört, ist unsere überquerung des sresan: wir hielten am wegrand, gingen einen trampelpfad bis zu einer hütte, wo meine kollegen ein wenig mit der dort ansässigen familie quatschten und ich versuchte die rangordnung der drei dort mehr oder weniger ebenfalls ansässigen hunde auszumachen. Dann folgten wir dem trampelpfad hinunter zum fluss, wo eine etwa fünf meter lange barke lag, auf der ein paar kinder spielten. Ich wartete, folgte dann aber meinen kollegen, die vorsichtig auf das wackelige boot gingen. Ich war etwas verwundert, weil uns niemand von der familie gefolgt war, um uns überzusetzen. Während ich noch ausschau hielt, wann denn jemand kommen würde, ging hinter mir ein motor an, worauf uns zwei höchstens elfjährige burschen ganz routiniert über einen fluss fuhren, der sicherlich seine vierzig meter breit war und eine ordentliche strömung mit kleinen strudeln dazwischen präsentierte.

Ich möchte nicht bestreiten, dass diese fortbewegungsgeschichten teilweise abenteuerlich anmuten, aber eines möchte ich noch hinzufügen und dagegen waren meine transportmittel sicherheitstechnischer luxus, fürchte ich: Die provinzen kambodschas sind noch nicht allzu lange auf dem landweg zu erreichen. bevor das straßennetz, welches zumindest die provinzhauptstädte die meiste zeit des jahres erreichbar macht, ausgebaut wurde, waren die meisten orte nur per flugzeug / hubschrauber zu erreichen.

deshalb hat noch heute jede provinzhauptstadt ihren eigenen flughafen, wobei die meisten davon jedoch brachliegen. diese flughäfen wurden mit alten russischen ladehubschraubern und ausrangierten, kleinen passagiermaschinen beflogen und von privaten unternehmen organisiert, die neben waren auch personen transportierten. Diese passagiere mussten sich keine sorgen machen, über die sicherheitsansprüche der gesellschaft illusioniert zu werden; deren werbeslogan lautete frei übersetzt "wir wissen, wir sind keine profis, aber wir versuchen sie ans ziel zu bringen".

Übrigens: ich habe mein zuhause für die nächsten 6monate kennengelernt. Das dorf hat maximal 1.000 einwohner, eine pagode, einen friseur mit genau einem sitz und sonst eigentlich nichts. das office, in dem ich wohnen werde, hält für mich einen raum mit einem kleinen aber feinen fenster bereit, einen eimer mit wasser zum duschen und ein loch im boden zum ... naja, was man mit löchern im boden halt so macht.

es lässt sich schwer leugnen, die unterkunft ist etwas spartanisch und der ort nicht gerade eine partymeile, aber ich freue mich doch sehr und hoffe, ich kann dort schriftstellerisch produktiver werden. auf jeden fall aber werde ich bei meiner rückkehr nach deutschland erstmal einen luxusschock erleiden.

 

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