Die vorläufige Einigung über die Reform der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) bleibt nach Einschätzung von Brot für die Welt weit hinter den selbstgesteckten Zielen zurück. Aus entwicklungspolitischer Sicht ist von einer gerechten und nachhaltigen Ausrichtung nichts übrig geblieben. „Die EU ignoriert weiter auf unverantwortliche Weise jedwede Außenwirkung ihrer Agrarpolitik", so Stig Tanzmann, Landwirtschaftsexperte von Brot für die Welt.
„Enttäuschend ist, dass man sich nicht einmal auf die seit Jahrzehnten überfällige Streichung der Exportsubventionen einigen konnte", so Tanzmann weiter. Spätestens 2015, wenn die Milchquote ausläuft und eine Milchschwemme auf den Markt drängt, werde der Ruf nach Exportsubventionen wieder kommen, befürchtet Tanzmann. „Erfolgreiche Milchproduzenten in Entwicklungsländern wie Sambia oder Kenia werden dann wieder mit EU-Billigmilch konkurrieren müssen und lokale Produktion wird verdrängt.“
Statt sich den Problemen zu stellen, die die europäische Agrarpolitik verursacht, werde unter grünem Anstrich die wachstums- und exportorientierte Politik der letzten Jahre fortgesetzt. Dies gelte insbesondere für die massiven Soja-Importe der EU. Diese Importe ermöglichen erst die Billigexporte von Geflügelfleisch nach Afrika. Für den Anbau des importierten Sojas werden allein in Südamerika 30 Millionen Hektar Ackerfläche belegt: Land, das vor allem für die Ernährungssicherung in Entwicklungsländern fehlt. Die Geflügelfleischexporte der EU nach Afrika belaufen sich auf weit über 450 000 Tonnen. In den neuen GAP-Regelungen fehlt weiter ein Beschwerdemechanismus für die von den Billigexporten der EU betroffenen Produzenten in den Entwicklungsländern, so Tanzmann.
Europäische Kommission, Ministerrat und EU-Parlament hatten fast zwei Jahre darüber verhandelt, wie die europäische Agrarpolitik gerechter und nachhaltiger gestaltet werden kann.