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Energiewende ist mehr als eine Preisdebatte – Gemeinschaftswerk sozial gestalten

Auf Initiative der Klima-Allianz Deutschland fordert ein breites Bündnis aus Sozial- und Verbraucherschutzverbänden, Umweltorganisationen, Kirchen und Gewerkschaften die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der Parteien zu einem ernsthaften Dialog über die soziale Ausgestaltung des „Gemeinschaftswerks Energiewende“ auf.

 

Von Online-Redaktion am

Auf Initiative der Klima-Allianz Deutschland und unter der Schirmherrschaft des früheren Umweltministers und UNEP-Exekutivdirektors Prof. Klaus Töpfer (CDU) fordert ein breites Bündnis aus Sozial- und Verbraucherschutzverbänden, Umweltorganisationen, Kirchen und Gewerkschaften die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der Parteien zu einem ernsthaften Dialog über die soziale Ausgestaltung des „Gemeinschaftswerks Energiewende“ auf. Als Grundlage für die Gespräche, die unter der Moderation von Prof. Töpfer stattfinden sollen, dient ein gemeinsames Positionspapier der beteiligten Organisationen mit einem 8-Punkte Forderungskatalog.

„Wer die Diskussion über die Energiewende als eskalierende Preisdebatte führt, spielt mit der Zustimmung der Bevölkerung. Wir dürfen nicht vergessen, dass die globalen Gefahren des Klimawandels und die Reaktorkatastrophe von Fukushima der Auslöser und Ausgangspunkt für die Umstellung unserer Energieversorgung waren und sind“, mahnt Töpfer, Direktor des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam. Eine soziale Ausgestaltung des Generationen-projekts Energiewende sei nach seiner festen Überzeugung möglich. Die ökologische und die soziale Dimension stünden nicht im Widerspruch zueinander.

Notwendig seien jetzt eine klare Programmatik und Gestaltungswillen der politischen Parteien. Beides sei in den aufgeheizten Debatten der zurückliegenden Wochen kaum mehr erkennbar gewesen. Töpfer: „Wir verstehen die Energiewende als eine gesellschaftliche Gestaltungsaufgabe. Im politischen Dialog wollen wir über die Vorstellungen und Konzepte der Parteien ins Gespräch kommen, wie der Atomausstieg und der parallele Umbau des Energiesystems hin zu Erneuerbaren Energien und mehr Energieeffizienz zielstrebig und sozial gerecht weitergetrieben werden kann.“

Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH), Michael Spielmann, nennt „die bisherige Debatte über die soziale Dimension der Energiewende eindimensional und von wahltaktischen Motiven geprägt“.  Eindimensional sei sie, weil die Umweltfolgekosten der Kohleverbrennung und des Einsatzes der Atomenergie ebenso ausgeblendet würden, wie die steigenden und in absoluten Zahlen viel höheren Energiekosten der Haushalte für Heizen und Mobilität. „Aufgabe der Politik ist es, Konzepte und Lösungen vorzulegen und nicht in einen unseriösen Wettstreit darüber einzutreten, wem wie schnell die höchsten Energiewende-Kosten einfallen. Wer mit Angstmache Politik und Wahlkampf macht, verursacht Kollateralschäden an der Energiewende und fährt sie schlimmstenfalls vor die Wand.“ Das wachsende Armutsproblem in Deutschland sei weder durch die Energiewende verursacht, noch durch ihre Verlangsamung oder Beendigung zu lösen, sagte Spielmann. Dazu bedürfe es einer wirksamen Sozialpolitik, weshalb auch Umweltverbände, die auf einem anderen Feld tätig seien, in diesem Fall ein Papier unterzeichnet hätten, in dem die Forderung nach angemessenen Einkommen als Grundlage für ein menschenwürdiges Leben ohne Armut und ohne Energiearmut erhoben werde.

Generalsuperintendent Martin Herche von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz betonte, dass die Energiewende nur als ein „solidarisches Gemeinschaftsprojekt“ gelingen könne. Dies gelte sogar weit über die deutschen Landesgrenzen hinaus, weil die Umgestaltung unseres Energiesystems Deutschlands wichtigster Beitrag zum Klimaschutz und damit zu mehr globaler Gerechtigkeit sei. Herche erklärt: „Steigende Energiepreise sind nicht allein der Energiewende anzulasten. Die Bedürftigen in diesem Land sind nicht durch die Energiewende bedürftig, sondern weil die Kluft zwischen arm und reich insgesamt zu groß geworden ist.

Deshalb muss ihre Situation ganz unabhängig vom Stand der Energiewende dringend verbessert werden. So fordern wir die Einführung von flächendeckenden Mindestlöhnen von mindestens 8,50 Euro pro Stunde.“ Diese Forderung wird von allen unterzeichnenden Organisationen geteilt. „Wir appellieren an den Bundestag, die entsprechende Bundesratsinitiative zustimmend aufzunehmen. Nötig ist auch die pauschalierte Anhebung der Sozialtransfers um die gestiegenen Energiekosten“, so Herche.

Der Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, ist überzeugt, dass die Akzeptanz der Energiewende mit der sozial gerechten Verteilung von Kosten und Belastungen steht und fällt. „Die Energiewende darf nicht zum Synonym für einseitige Kostenbelastungen, für höhere Verbraucherpreise und steigende Mieten werden. Dass es Energiewende und ambitionierten Klimaschutz nicht zum Nulltarif gibt, versteht jeder. Dass die einen profitieren sollen und die anderen finanzieren, versteht niemand.“ Siebenkotten forderte eine sozialverträgliche Lösung für das so genannte Mieter-Vermieter-Dilemma bei Maßnahmen zur energetischen Sanierung im Wohnungsbestand. Die Klimaschutzziele müssten erreicht werden, jedoch dürften dabei Mieterinnen und Mieter nicht in die Situation geraten, dass sie wegen zu stark gestiegener Mieten übermäßig belastet werden oder sogar ihre Wohnung aufgeben müssen.

Der Geschäftsführer des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft und Sprecher der klima-allianz, Damian Ludewig, erklärt: „Mit unserem Positionspapier zeigen wir: Es geht auch gerecht! Die Energiewende macht Strom nicht teurer, sondern ist eine Versicherung gegen Energiepreis-steigerungen der Zukunft. Auch ohne den Umstieg auf Erneuerbare Energien wären Kosten für neue Kraftwerke, die Modernisierung der Netze und für immer teurere fossile Brennstoffe entstanden. Für den Umstieg sind nun Anfangsinvestitionen nötig, die gerecht verteilt werden müssen. Die Privilegierung der Industrie bei den Energiepreisen ist daher abzusenken.“ Ludewig fürchtet, dass willkürliche Privilegien für immer größere Teile der Industrie am Ende die Akzeptanz der Energiewende insgesamt untergraben. „Mittlerweile verlagern diese Privilegien in der Summe deutlich über 13 Milliarden Euro an Energiekosten pro Jahr von den begünstigten Unternehmen auf private Stromverbraucherinnen und -verbraucher und Mittelstand bzw. die Steuerzahler“, so Ludewig.

Tatsächlich hat die Politik Teilen der Wirtschaft in den vergangenen Jahren ein ganzes Bündel von Vergünstigungen bei den Energiepreisen gewährt. Diese bestehen in Ausnahmeregelungen bei der EEG- und KWK-Umlage, sie werden auch bei den Netzentgelten, bei den direkten und indirekten Beiträgen der Emissionsminderungsverpflichtung, bei der Energie- und Stromsteuer und schließlich bei der anteiligen Übernahme der Infrastrukturkosten für Verteilnetze gewährt.

 

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