Kleinbauern sind das Rückgrat der Ernährung weltweit. Sie stellen das Gros der Nahrungsmittel her, bewirtschaften die meisten Landflächen und leisten den größten Teil der Investitionen. Dennoch wird ihre Stimme nicht gehört, weder wenn politische Richtlinien, noch wenn Maßnahmen zur Hungerbekämpfung erarbeitet werden. Dass auf allen Ebenen eine nachhaltige bäuerliche Landwirtschaft gefördert werden muss, darin waren sich die Diskutierenden bei der Veranstaltung der AG Landwirtschaft und Ernährung des Forums Umwelt und Entwicklung beim Global Forum for Food and Agriculture am 17. Januar 2013 in Berlin einig.
Helen Yego, Bauernvertreterin aus Kenia erinnerte wie wichtig es für Kleinbauern ist, dass sie eine große Breite an Produkten herstellen. Das ist ihre Absicherung, denn wenn ein Produktionszweig ausfällt, können sie immer noch dank der Streuung des Risikos überleben. Am Beispiel der kleinbäuerlichen Milchproduktion zeigte sie auf, wie wichtig der Zugang zum Markt und eine gute Infrastruktur seien. In Kenia haben die Erfahrungen gezeigt, dass nur, wenn Kleinbauern sich zusammenschließen, ihre Verhandlungsmacht gegenüber Zwischenhändlern und politischen Entscheidungsträgern wächst. Ohne dieses gemeinsame Eintreten werden ihre Bedürfnisse vom Tisch gewischt. Eine Beteiligung an den Entscheidungen, die sie angehen, sei aber wichtig.
Von einem Erfolgsprojekt konnte Daniela Schmidt Peter, Kleinbäuerin und Beraterin im Süden Brasiliens berichten. In Brasilien kauft der Staat Produkte aus lokalen und regionalen Bauern-Kooperativen für staatliche Programme der Schulernährung und für Sozialprogramme der städtischen Armen. Dieser Zugang zu den institutionellen Märkten hat das Einkommen der Bauern, ihre Produktivität und auch ihre Investitionsmöglichkeiten gesteigert. Gleichzeitig konnte aber auch festgestellt werden, dass das Selbstbewusstsein der Kleinbauern wuchs, denn sie sind nun viel besser in die verschiedenen wirtschaftlichen und politischen Prozesse in ihrer jeweiligen Region eingebunden. Sie fühlen sich endlich angemessen für ihre Arbeit geschätzt. Für Daniele Schmidt Peter ist die Transformation in Konsum und Produktionsweise essentiell. Sie müssen Zusammenwirken, um die ökologische Vielfalt zu fördern, ohne die es keine Nachhaltigkeit geben könne.
Veränderung kann nur von Kleinbauern kommen
Nora Mc Kean, eine der Vertreterinnen der Zivilgesellschaft beim Komitee für Ernährungssicherheit ist sich sicher, dass Veränderung nur von den Kleinbauern kommen werde. Sie haben den Schlüssel zur Hungerbekämpfung in der Hand. Dazu brauchen sie allerdings unterstützende politische Rahmenbedingungen, sowohl national als auch international. Die Partizipation der Bauern ist dafür unablässig. Aber eine sinnvolle Partizipation braucht eine langfristige Vision und Strategie. Auf internationaler Ebene ist die wichtigste Plattform das Komitee für Ernährungssicherheit. Mc Kean sagt, hier seien Kleinbauernorganisationen sichtbar und würden auch gehört. Das ist der Ort, an dem soziale Bewegungen und Bauern an Regelungswerken mitarbeiten können, auch solche, die Investitionen regulieren sollen. Hier können sie dem allgemeinen Diskurs, dass Investitionen der Privatwirtschaft zum Segen aller seien, etwas entgegensetzen.
Benedikt Härlin, Mitarbeiter am Weltagrarbericht, ergänzte den Blick auf die Frauen. 70 Prozent der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft, so Härlin, sind Frauen. Dennoch sind Frauen als Bäuerinnen auch 30 Jahre nach Beginn der Gender-Diskussion unsichtbar. Ihre wirtschaftlichen und sozialen Menschenrechte müssen respektiert, geschützt und erfüllt werden. Er wies darauf hin, dass ihnen und der bäuerlichen Bevölkerung durch staatliche Investitionen geholfen werden kann, wenn in Gesundheitsversorgung, Beratungssysteme und angepasste Agrarforschung investiert würde. Es braucht problembasierte Lösungsansätze und nicht, wie heutzutage zu oft betrieben, eine Anpassung der Probleme an die Mittel. Konkret müsse jetzt die Aufgabe darin liegen, die Herausforderungen für stärkere Investitionen in eine kleinbäuerliche Landwirtschaft zu erkennen. Private Investitionen dürften nicht diktieren, wohin die öffentliche Mittel fließen. Von Bauern könne man lernen, dass ,Genug‘ das Gegenteil von ‚Zu Viel‘ und von ‚Nicht genug‘ ist.
Agrobusiness bedroht Kleinbauern
Schließlich stellte Stig Tanzmann, Landwirtschaftsexperte bei Brot für die Welt − Evangelischer Entwicklungsdienst, die gemeinsame Positionierung des Forums Umwelt und Entwicklung vor. Die zivilgesellschaftlichen Organisationen kritisieren die neue Ausrichtung der Bundesregierung und der G8-Staaten an der Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft. Das Netzwerk warnt, dass diese Initiative zwar der Agrar- und Ernährungsindustrie nützt, aber den Kleinbauern schaden könne.