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Risiken sozialisieren, Profite privatisieren: die neue Welt der Entwicklungshilfe

(Bonn, 02.08.2012) Seit Anfang des Jahres bietet die Bundesregierung gemeinsam mit der KFW Entwicklungsbank und der Deutschen Bank ein neues Modell für die finanzielle Förderung in Entwicklungsländern an: „Africa Agriculture Trade and Investment Fund“ (AATIF). Der Fond soll den Handel und die Ernährungssicherheit in den Ländern des afrikanischen Kontinents fördern. Unter Entwicklungsexpertinnen und -Experten ist er umstritten.

Von Gastautoren am

Das bei AATIF zugrunde liegende Entwicklungsfinanzierungsmodell wird als „Blending“ bezeichnet. Es ist quasi ein Amalgam von Marktkrediten, konzessionären Krediten und Zuschüssen der unterschiedlichsten Finanzakteure. Es handelt sich um eine Bezuschussung von Entwicklungskrediten des öffentlichen und des privaten Sektors. „AATIF ist keine Neuentwicklung, Vorläufer waren bereits die „Public Private Partnerships“ der 1990er Jahre. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erhofft sich aktuell von der Beteiligung des privaten Sektors wohl eine höhere Entwicklungswirksamkeit“, so Peter Lanzet, Finanzexperte des Evangelischen Entwicklungsdiensts (EED) in Bonn. 

Bereits in den 1990er Jahren seien die Public Private Partnerships gefördert und bejubelt worden, eine Überblicksevaluierung zu diesem Entwicklungsinstrument fehle bis heute. Das europäische Entwicklungs- und Entschuldungsnetzwerk „Eurodad“ habe bislang nur einzelne Projekte geprüft und mit durchweg enttäuschenden Ergebnissen bewertet. Die Firmen hätten ihre Risiken sozialisiert und die Profite privatisiert, höhere wirtschaftliche Aktivität seien dabei nicht herausgekommen, auch nicht mehr Steuern oder Arbeitsplätze.

Die EU versucht Blending jetzt aber in großem Stil zu nutzen. Sie baut zu diesem Zweck an einer europäischen Plattform für externe Kooperation und Entwicklung, um all ihre Instrumente für Blending zu koordinieren. Die regionalen Entwicklungsfonds, nationale Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen wie die KfW/DEG, die EIB und andere werden über diese bei der EU-Kommission angesiedelte Plattform koordiniert. Sie soll dem Parlament über die Finanzierungen und Projekte Rechenschaft ablegen. Bisher sind für Blending rund 1,26 Milliarden Euro ausgegeben worden, künftig sollen mit 760 Millionen Euro bis zu 26 Milliarden Euro gehebelt werden. Hintergrund für diese EU–Initiative sind die wegen der Finanzkrise zurückgehenden Entwicklungshilfemittel der Mitgliedsstaaten. Die EU hat außerdem ein geopolitisches Motiv: Sie versucht den „neuen Gebern“, vor allem China und Indien, in allen Weltregionen mit den gleichen Instrumenten entgegenzutreten, die sie selber nutzen: hauptsächlich Kredite und wo nötig auch konzessionäre Kredite und Zuschüsse

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Die Probleme aus kirchlicher und entwicklungspolitischer Sicht sind dabei:

•    Marktverzerrung:  Ein Akteur mit subventioniertem Geld erscheint am Markt. Er ist in der Lage andere Akteure zu verdrängen. Nationale Banken oder Investoren werden aus dem Markt gedrängt oder es werden Aktivitäten gefördert, die noch gar nicht marktfähig sind und hohe Risiken mit sich bringen. Für die nationalen Märkte für Waren und Dienstleistungen, einschließlich der Finanzmärkte ist dies entwicklungs- und geschäftsschädigend. Sobald sich etwas „rechnet“ nehmen die lokalen Märkte die Finanzierung in aller Regel selbst auf. 

•    Risiken und Armutsbekämpfung: Wenn das Risiko von der Entwicklungshilfe getragen wird, ist es für Investoren leichter in Sektoren zu investieren, die Profite versprechen. Entsprechend ist nicht zu erwarten, dass direkt in die Bekämpfung der Armut investiert wird, zum Beispiel in Bildung, Gesundheit und lokale Infrastruktur. Das erste von AATIF finanzierte Projekt zeigt diesen Trend schon deutlich. Es handelt sich um eine Form der investitionsintensiven industriellen Landwirtschaft, die nicht für die lokalen Märkte produziert, aber das Ackerland der Bauern requiriert. Wir wissen nicht, ob es sich dabei um einen Fall von „Land Grabbing“ handelt, also den Aufkauf der Äcker kleinbäuerlicher Betriebe, aber die veröffentlichten Fakten der KFW legen die Vermutung nahe. Es sind aber die kleinbäuerliche Betriebe, die die Ernährung sicherstellen. Zu dieser Erkenntnis hat sich selbst die Weltbank aktuell durchgerungen. Dass die Deutsche Bank die Sozial- und Umweltkriterien der KfW anwendet und die Internationale Arbeitsorganisation ILO alle paar Jahre zur Evaluierung einlädt, beruhigt nicht. Bei den Einzelprojekten fehlt bislang jede Transparenz.

•    Schuldentragfähigkeit: Die Finanzierungen bestehen zum überwiegenden Maße aus Krediten. Die weltweite Zivilgesellschaft hat nicht 10 Jahre lang für HIPC und MDRI gekämpft und tatsächlich eine Abschreibung von nominal 100 Milliarden US-Dollar für 38 der ärmsten Länder erreicht, um nun ihrer erneuten Überschuldung tatenlos zuzuschauen. Vor einer neuen Überschuldung der Entwicklungsländer warnt auch der neueste Schuldenreport von www.erlassjahr.de. Alle Gläubiger müssen ihre Kriterien für die Bewertung der Schuldentragfähigkeit eines potentiellen Schuldners offen legen. Für jedes Projekt ist eine Schuldentragfähigkeitsstudie erforderlich. Weitere Belastungen gerade der ärmsten Länder müssen ganz vermieden werden.

Die Deutsche Bank hat bei der Hunger fördernden Spekulation mit Nahrungsmitteln besonders hervorgetan. Bei der letzten Aktionärsversammlung hat der damalige DB-Chef  Ackermann das ausdrücklich bedauert. Diese Bank jetzt mit dem Management eines Fonds mit überwiegend öffentlichen Mitteln zu betrauen ist aus EED-Sicht zynisch. Im Namen der Ärmsten werden staatliche Mittel in Projekte investiert, die zu aller erst den Investoren dienen. In anderen Ländern bewertet Deutschland so etwas als Klientelpolitik. Um Vertrauen in das Management des AATIF-Fonds zu schaffen muss vollständige Transparenz über die Projekte hergestellt und lokale und nationale Vertretungen der Zivilgesellschaft zur Projektprüfung und Projektevaluierung eingeladen werden.

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Lachender Junge

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