Bei der Vorbereitung von Rio + 20 befinden sich die Staaten im äußersten Zwiespalt, berichten die EED-Partner in Porto Alegre. Alle Regierungen, sei es die von Brasilien oder Bangladesh, Ghana oder Südafrika, scheuen vor echten Nachhaltigkeitsüberlegungen zurück. Alle fühlen sich in der Situation, um Märkte zu konkurrieren und der heimischen Industrie Wettbewerbsvorteile verschaffen zu wollen. Keiner möchte eine Nachhaltigkeitspolitik einschlagen, die sich als Boomerang für eigene Wirtschaft herausstellen könnte. Deshalb erscheint die Vorstellung einer "green economy", die im ersten Entwurf der Schlußdeklaration im Mittelpunkt steht, so attraktiv: Sie bedeutet ein "Weiter so" in jeder Hinsicht und stellt deklamatorisch aber vage in Aussicht, dass ökologische und soziale Probleme, die die auf Wachstum getrimmt Wirtschaft mit sich bringt, irgendwie lösen lassen.
Dass das nicht genügen wird, um Ressourcenverbrauch, wachsende Müllberge, Klimaveränderungen, sinkende Fischbestände und die Verringerung der Artenvielfalt in Griff zu bekommen, ist Brasilien zum Beispiel bewusst. Vor die Wahl gestellt entscheidet sich das Schwellenland aber für agroindustrielle exportorientierte Landwirtschaft und Ölexploration vor der Küste. Für die Fußball-WM und die Olympischen Spiele sollen Städte wie Rio de Janeiro als Metropolen der Zukunft präsentiert werden. Brasilien möchte aber auch ein überzeugender Gastgeber für die Nachhaltigkeitskonferenz sein. Die Konsequenz ist klar: Nachhaltigkeit muss so gründlich umintepretiert werden, dass das, was der Erdgipfel 1992 einmal angestoßen hat, nicht mehr wieder zu erkennen sein wird.
Das deckt sich mit unseren Beobachtungen in Deutschland: Die "Nexuskonferenz" der Bundesregierung, die die Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft, Energie und Wasser als Beitrag für Rio + 20 herausarbeiten sollte, hat vor allem auf technische Lösungen abgezielt. Davon ablenkende Grundfragen, wie der BUND, EED und BfdW in der Studie "Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt" behandelt haben, haben keinen Raum bekommen.
Der Partnerworkshop des EED hat uns gezeigt: Die Zivilgesellschaft tut in nächster Zeit gut daran, dem Rio- Prozess höchste Aufmerksamkeit zu widmen.