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Nur grün angestrichen?

Zero Draft zu Rio+20 stößt bei sozialen Organisationen in Brasilien auf Kritik

 

Von Gastautoren am

Der Entwurf des Abschlussdokuments der UN-Konferenz über nachhaltige Entwicklung, der sogenannte Zero Draft, hat in der brasilianischen Zivilgesellschaft breite Kritik ausgelöst. Der Textentwurf mit dem Titel „Die Zukunft, die wir wollen“ wurde am 10. Januar vom Generalsekretär der Konferenz Rio+20 Sha Zukang veröffentlicht.

Seitens des Komitees der Zivilgesellschaft, das parallel zur UN-Konferenz in Juni einen Peoples Summit organisiert, wurde beklagt, dass „das Dokument den nicht-nachhaltigen Charakter des vorherrschenden Entwicklungsmodells nicht in Frage stellt“. Obwohl der Text auf 19 Seiten 133 mal das Wort Nachhaltigkeit erwähne, liefen die Vorschläge lediglich auf eine ökologisch weniger schädliche Praxis innerhalb des Wirtschaftssystems heraus, das für die derzeitigen Krisen verantwortlich sei.

Die Soziologin Iara Pietricovsky vom Institut für Sozioökonomische Studien INESC kritisiert, dass schon in der Präambel für ein weiteres Wirtschaftswachstum plädiert wird, was „im Widerspruch zur Idee ökologischer Nachhaltigkeit“ stehe. Die unkritische Referenz auf Prinzipien der Green Economy zeige, dass „das Dokument in weiten Teilen die Vorstellungen des privaten Sektors wiedergibt, der das heutige Wirtschaftsmodell nicht hinterfragt“, so Iara Pietricovsky.

„Ich halte es für falsch, dass die private Industrie auf gleicher Ebene wie Nichtregierungsorganisationen und beispielsweise Indígena-Organisationen in den sogenannten Major Groups eingeordnet wird. Die Industrie hat andere Interessen und viel mehr Macht, auf die Geschichte der Menschheit Einfluss zu nehmen“, kritisiert die Leiterin von INESC, einer Partnerorganisation des EED. „Die Industrie hat großes Interesse an der Produktion „grüner“ Technologie. In diesem Sinne symbolisiert der Zero Draft eine gewisse Unterordnung der Nationalstaaten unter die Interessen der Privatindustrie.“

Zudem kritisiert Iara Pietricovsky, dass der Text zwar viele der drängenden Probleme aufwirft, aber kaum konkrete Lösungsvorschläge enthält. Insbesondere soziale Aspekte und Menschenrechte würden nur am Rande erwähnt.

Jean Marc van der Weid von der EED-Partnerorganisation AS-PTA, die wie INESC im Komitee der Zivilgesellschaft aktiv ist, beklagt, dass die ökologischen Folgen der industriellen Landwirtschaft nicht einmal erwähnt werden. Der Entwurf laufe auf eine Kontinuität der bisherigen Wirtschaftsweise mit „grünem Anstrich“ hinaus. „Da das grüne Landwirtschaftsmodell nicht genauer definiert wird, kann ohne weiteres auch genetisch verändertes Saatgut darunter gefasst werden“, moniert Jean Marc van der Weid.

Auch wenn im Zivilgesellschaftkomitee, dem weit über 20 Organisationen und Netzwerke angehören, verschiedene Positionen insbesondere bezüglich des Konzeptes der Green Economy bestehen, löste der unverbindliche Charakter des Entwurfs Kritik bei allen sozialen Akteuren aus. Es ist zu erwarten, dass die sozialen Organisationen ihrem Widerspruch gegen die UN-Linie und auch gegen das von der brasilianischen Regierung vertretene Entwicklungsmodell jetzt mehr Gehör verschaffen werden. Das thematische Weltsozialforum in der kommenden Woche in Porto Alegre wird dazu erste Gelegenheit bieten.

 

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