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Keine Holzschnitzel aus Liberia für Berlins warme Stuben

Der schwedische Stromkonzern Vattenfall hat Anfang Mai der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass er sich aus den Geschäftsbeziehungen mit Liberia zurückzieht und seine Beteiligung an der dortigen kanadischen Firma Buchanan Renewables (BR) auflöst. Ursprünglich wollte Vattenfall große Mengen Holzschnitzel von alten Kautschukplantagen aus Liberia importieren, um dem Vertrag mit dem Berliner Senat nachzukommen und das neue Fernwärmekraftwerk mit regenerativer Energie zu befeuern. Der Beitrag kommentiert dies aus entwicklungspolitischer Sicht und enthält Einschätzungen, wie dies von Liberianern gesehen wird.

 

Von Ehemalige Mitarbeitende am

 

Der EED hatte zusammen mit der Agrar- und Forstwirtschaftlichen Fakultät der Universität von Liberia im letzten Jahr eine Studie durchgeführt und den Bezug von Holzschnitzel aus diesem drittärmsten Land der Welt entwicklungspolitisch bewertet. Die Untersuchung kam zu dem Schluss, dass der Handel für Liberia eine echte Innovation darstellt und neue Perspektiven bietet, denn die überalterten Kautschukbäume tragen nicht mehr. Zum Entfernen fehlt den Bauern aber das Geld, ebenso für die Neubepflanzung. Die Kooperation mit BR hätte die Möglichkeit geboten, die Bäume zu roden und durch die Nachfrage für das Altholz zusätzliche Einnahmen zu erzielen und Neupflanzungen zu realisieren. Es gab auch Verhandlungen mit der liberianischen Regierung zum Bau eines Kraftwerks in Kakata, welches mit den Holzschnitzeln befeuert werden sollte.

Sowohl in Deutschland als auch in Liberia gibt es Organisationen, die den Energieexport sehr kritisch sehen. Ihrer Meinung nach zahlt die kanadische Firma BR in Liberia den Bauern nicht genug für die Altbäume. Es wird befürchtet, dass der Export auf Kosten der eigenen Energieversorgung geht, da die Hauptenergiequelle der armen Leute in Liberia Holzkohle ist, die sie für das Kochen ihrer Mahlzeiten brauchen. Der Preis für Holzkohle ist in den letzten 3 Jahren um das Doppelte angestiegen. Das führen viele auf den Holzexport durch die Firma BR zurück, für den Vattenfall als Kunde und Miteigentümer verantwortlich gemacht wird. Aus dieser Perspektive wird die Mitteilung, dass sich Vattenfall aus Liberia zurückzieht, als eine gute Nachricht betrachtet. Andere Organisationen in Liberia und auch der EED teilen diese Einschätzung nicht, sondern sehen es eher als schlechte Nachricht, da damit Entwicklungsoptionen für Liberia geschwächt werden.

Stimmen aus Liberia

Alfred Brownel, ein profilierter Rechtsanwalt der Organisation „Green Advocates“ aus Monrovia, zeigt sich empört. Er ist erst einmal schockiert darüber, dass Vattenfall seinen Rückzug nur in Deutschland bekannt gibt, während in Liberia kein Mensch davon weiß, obwohl die Menschen hier die eigentlich Betroffenen sind. „Vattenfall rennt von seiner Verantwortung davon“, so Brownel, „nachdem der Konzern hier den Holzkohlemarkt durcheinander gewirbelt hat. Statt geordnete Verhältnisse zu hinterlassen, machen sie sich ohne Rechenschaft abzulegen einfach auf und davon.“ Green Advocates hofft, dass nach diesem Rückzug die Idee mit dem Export von Holzschnitzeln insgesamt fallen gelassen wird und das Holz wieder allein für den eigenen Energiebedarf der Liberianer zur Verfügung steht.

Befragte in der Universität kommen zu einer anderen Einschätzung. Für sie bedeutet der Rückzug, dass die Bauern auf ihren Altbeständen sitzen bleiben. Die unproduktiven Plantagen können nicht gerodet und neu bepflanzt werden, weil das Geld dafür fehlt. „Vor allem für das geplante Holzkraftheizwerk in Kakata ist das ein Schaden, denn jetzt können wir sicherlich lange warten, bis wir öffentlichen Strom bekommen“, so Prof. Leroy Cegbe von der Agrarfakultät.

Vertreter der Agrar- und Forstwirtschaftlichen Fakultät können das Argument der gestiegenen Holzkohlepreise wegen einer angeblichen Verknappung durch den Holzexport schlecht nachvollziehen. Sie sagen, dass an Altholz aus nicht mehr tragenden Kautschukanpflanzung im Lande rund 28 Millionen Tonnen Holz zur Verfügung stehen; davon wurden bisher pro Jahr maximal drei Prozent exportiert. Die Köhler in Liberia verarbeiten nur 40.000 Tonnen, da der einheimische Bedarf nicht größer ist, das bedeutet 0,15 Prozent des Bestandes. „Wie kann man angesichts solcher Zahlen eine Konkurrenzsituation vermuten?“, sagt der Forstwirt David Carl, der an der Untersuchung der Universität im vergangenen Jahr beteiligt war. „Der Preisanstieg von Holzkohle hat seine Ursachen in dem generellen Preisanstieg aller energetischen Rohstoffe“, erklärt Benedictus Freeman von der Universität. Wenn sich Vattenfall wegen der angeblich überhöhten Kosten für die liberianischen Holzschnitzel und Engpässe bei der Versorgung aus Liberia zurückzieht, dann ist das eher wegen der schlechten Infrastruktur im Lande, vermuten Experten der Universität. Diese sei auch teilweise Schuld an den hohen Holzkohlepreisen in der Hauptstadt, denn die Entfernungen, über die Holzkohle heute transportiert werden muss, wird immer größer und die Verbindungen sind schlecht.

Unsichere Perspektiven

Der EED sieht im Rückzug von Vattenfall aus Liberia eher eine verpasste Chance für Liberia. Angesichts der Tatsache, dass Liberia mit 0,51 Dollar pro Kilowatt-Stunde die höchsten Stromkosten ganz Afrikas aufweist, wäre eine verbesserte Elektrizitätserzeugung dringend notwendig. Das geplante Kraftwerk würde das Energieangebot verbessern und gleichzeitig die Handelsbilanz nicht belasten, da es mit einheimischen nachwachsenden Rohstoffen betrieben wird. Es ist unklar, ob die Firma Buchanan Renewables die durch den Rückzug Vattenfalls bedingte Situation übersteht und weitermacht. Wenn dies sein sollte, braucht es weiterhin ein umfassendes zivilgesellschaftliches Monitoring der Aktivitäten und des Holzexport, damit die entwicklungspolitischen Vorteile auch tatsächlich realisiert werden, angemessene Preise an die Bauern gezahlt und dass die Kooperation zwischen Buchanan Renewables, Bauern und Staat sozial verantwortlich erfolgt.

Rudolf Buntzel (derzeit Liberia), Richard Brand

 

 

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