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Guinea-Bissau braucht nachhaltige Demokratie

Von Online-Redaktion am

Rebellion und Krieg im Jahr 1998/1999, mehrere Putsche, Putschversuche und politische Morde, die Ermordung des Staatspräsidenten und des Armeechefs innerhalb von 24 Stunden im März 2009, der Angriff auf eine Eliteeinheit der Armee am 21. Oktober 2012, Korruption im Staatsapparat und in der Armee, die Verwicklung  hoher Offiziere in den internationalen Drogenschmuggel: Die negativen Schlagzeilen über Guinea-Bissau in der internationalen Presse nehmen kein Ende. Seit Einführung des Mehrparteiensystem 1991 (erste demokratische Wahlen 1994) bis heute - quasi 20 Jahre lang - hat das Land kaum wirkliche Fortschritte in der Verankerung von Demokratie und Rechtsstaat erzielt. Keine gewählte Regierung hat bislang ihr Mandat vollenden können.

Politische Gewalt und neopatrimoniale Strukturen kennzeichnen das kleine bitterarme westafrikanische Land mit ca. 1.7 Millionen Einwohnern, das auf Platz 168 des HDI steht.  Nach wie vor kontrolliert die ehemalige Staatspartei  (PAIGC  - Partido Africano da Independência da Guiné e do Cabo Verde ) – die  ihre Legitimität immer noch aus dem Befreiungskrieg und ihrem Revolutionsführer Amilcar Cabral bezieht,  und ihre politische Elite  die politischen Geschicke des Landes, mit oder gegen – je nach gerade aktueller Konjunktur – die Armeeführung. Letztere zieht allerdings die Fäden der Macht in einem vordergründig demokratischen System, das kaum den Mindestanforderungen an eine Formaldemokratie entspricht. Bislang hat die Entwicklungszusammenarbeit wenig dazu beigetragen, die demokratische Entwicklung  Guinea-Bissaus wirklich voranzutreiben.

Am 12. April 2012 wurde die vorgezogene Präsidentschaftswahl durch einen Putsch gestoppt. Dazu kam es in dem Moment, als Kandidat Carlos Gomes Junior  (Ex-Premier und Parteipräsident der PAIGC) den anderen politischen Kräften und dem Militär allzu uebermaechtig erschien. Das fragile politsche Equilibrium war offenbar massiv bedroht: Von Wahlfälschung war die Rede, doch die Reklamationen der fünf Oppositionskandidaten blieben ungehört. Der autoritäre, alles an sich reißende Führungsstil des Ex-Premiers, gleichzeitig Unternehmer in der Mineralölbranche, der sich um jeden Preis die politische Macht des höchsten Staatsamtes und wirtschaftliche Vorteile (durch Verträge über den Abbau von Rohstoffen wie Bauxit, Phosphat und die Ölförderung ) sichern wollte, bestimmten den Wahlkampf. Spannungen zwischen der Armee und der angolanischen Friedensmission im Lande, die Carlos Gomes Junior für seine Ziele instrumentalisierte,  führten schließlich zum Putsch.

Seit Mitte Mai 2012 regiert eine Übergangsregierung, unter Schirmherrschaft der ECOWAS (Economic Community of West African States) und mit 650 Mann ECOMOC-Truppen im Land. Guinea-Bissau ist isoliert: die EU, die Weltbank und viele andere internationale Organisationen  haben ihre Unterstützungen eingefroren und fordern Wahlen und eine Rückkehr zur konstitutionellen Ordnung,  oder besser gesagt zur „Scheindemokratie à la Guiné-Bissau“.

Im Ausland, insbesondere in den lusophonen Staaten, angeführt von Portugal und Angola , tritt Carlos Gomes Junior weiterhin als Repräsentant von Guinea-Bissau auf. Die UNO ist uneins, ebenso die Afrikanische Union. Die internationale Gemeinschaft schafft es auch in diesem Konflikt bislang nicht, durchsetzungsfähige und glaubwürdige Positionen zu entwickeln.

Die jüngere politische Geschichte Guinea-Bissaus zeigt, dass das Abhalten von Wahlen und die „formaldemokratische“  Ordnung  die wahren Probleme des Landes nicht lösen können, namentlich die starke Position der Armee, den Egoismus der politischen Elite, weit reichende Straflosigkeit aufgrund des schwachen juristischen Systems und die geringe Professionalität der politischen Parteien.

Guinea-Bissau braucht Partner, die nachhaltig Demokratie und nationale Aussöhnung fördern

Anstatt Guinea-Bissau wirtschaftlich und politisch zu isolieren, sollten die Akteure der Entwicklungszusammenarbeit doch genauer hinschauen. Die EU überlässt es Portugal,  die europäische Politik gegenüber Bissau zu bestimmen. Dass die ehemalige Kolonialmacht so vornehmlich politische Forderungen der EU (konstitutionelle Ordnung, Wahlen) benutzt, um eigene Interessen durchzusetzen und politisch einseitig auf Seiten des entmachteten Premiers / Präsidentschaftskandidaten steht, scheint der EU  wichtiger zu sein als auf die Dauerkrise in Guinea-Bissau angemessen zu reagieren.

Kritischer Dialog und Selbstbesinnung  bei den politischen Parteien, Versöhnung auf nationaler Ebene mit dem Militär und in  die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen hinein, Vertrauensbildung auf politischer und militärischer Ebene, schließlich eine gerechte und menschenwürdige Reform des Militärs und Sicherheitsapparates sind die Voraussetzungen, um  inneren Frieden in der guineensischen Gesellschaft wachsen zu lassen.

Dieser Frieden lässt sich nicht von außen aufoktroyieren. Konflikte müssen bearbeitet und Verständigung gefördert werden, die Menschenrechte, vor allem das Recht auf menschliche Sicherheit und menschliche Entwicklung, dürfen nicht zugunsten fragwürdiger politischer Präferenzen aus dem Blick der internationalen Entwicklungshilfe und Geldgeber  geraten. Die internationalen Partner von Guinea-Bissau täten gut daran, die politischen und gesellschaftliche Akteure in ihren Bemühungen nach nationaler Versöhnung durch Dialog, Armutsbekämpfung und Demokratieförderung jenseits stereotyper Sichtweisen über Guinea-Bissau und einseitiger politischer Parteinahme zu unterstützen.

Birgit Embaló

Brot für die Welt-Fachkraft am Nationalen Forschungsinstitut (INEP) von Guinea-Bissau

 

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