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Wenn der día del maestro auf einen Sonntag fällt

Von Gastautoren am

 

Am kommenden Sonntag ist día del maestro, und wir sind zwar educadores, aber eigentlich machen wir dasselbe wie die maestras, nein eigentlich noch mehr.

Wir nicken alle, mit ernsten Mienen, denn es handelt sich um eine offizielle Reunión und schließlich um die ernsthafte Frage, ob wir den kommenden Montag wie die Lehrerinnen frei machen.

Eigentlich ist der Tag der Lehrer am 11. September, und in diesem Kalenderjahr an einem Sonntag. Was hat man dann als Lehrer vom Lehrertag?

Wir machen dann am Montag wie die Schulen auch frei. Nur – dann können wir unseren Tag nicht zusammen feiern. Wir könnten ja stattdessen am Samstag dann alle zusammen feiern gehen! Ein gemeinsames Mittagessen in der Pizzeria?

Die Sache ist schnell beschlossen, man einigt sich, niemand erhebt Einspruch, schon huscht ein geheimes Lachen über die Gesichter der Anwesenden, denn man freut sich: Es wird gefeiert. Samstag, Sonntag, Montag – drei Tage Día del maestro. Und mit den Kindern feiern wir dann am Dienstag.

Es ist ein gewöhnlicher Mittwoch in der Villa Itatí, für mich so ungewöhnlich wie nur jeder andere Tag des letzten Monats. Vor sechs Wochen bin ich in Buenos Aires angekommen, seit vier Wochen arbeite ich in einem Apoyo Escolar, einem Kinderzentrum in einem der ärmsten Viertel von Gran Buenos Aires, für täglich etwa acht Stunden. Hierhin kommen Kinder aus dem Viertel, das auf dem Stadtplan der Stadt nur als ein grüner Fleck eingezeichnet ist.

 

Es gehört zu den wenigen Orten, in denen Armut und unorganisierte, illegale Landbesetzung das sonst so ordentlich quadratisch angelegte amerikanische Straßennetz zersprengen. Es bahnen sich schmale Wege zwischen den einfachen Behausungen, hier und da steht ein Pferd oder ein Pony, nicht selten noch in dem kleinen Hof der Familie mit drinnen, aus Angst, es könnte jemand kommen und es mitnehmen. In der Villa Itatí leben zurzeit 60.000 Menschen, es sind mehr geworden seit der großen Wirtschaftskrise von 2001. Diejenigen, die ein Pferd und einen einfachen Holzwagen besitzen, können als cartoneros arbeiten. Sie prägen das Stadtbild bis in den Kern von Buenos Aires, denn sie sind auf der Suche nach Pappen und Papier, Metall, das sie zum Recyclingschuppen in Itatí transportieren, wo sie pro gebrachtem Kilo entlohnt werden.

Direkt an diesen Schuppen angrenzend steht der Schuppen der Kinder. Hierhin können sie jeden Tag für ein paar Stunden kommen. Wir Erzieherinnen helfen ihnen bei ihren Hausaufgaben; anschließend lesen wir, basteln oder spielen. Gestern habe ich rigoros beim Verstecken mit Anschlag verloren, denn war ich erst mal unterwegs zu meinem Versteck, liefen mir sechs der Kinder hinterher um sich gemeinsam mit mir hinter den Autoreifen zu drücken. Dann hatte ich unterwegs zurück zum Anschlag an jeder Hand drei Kinder.

Es hat riesigen Spaß gemacht; die Kinder sind fantastisch. Und Kinder sind auf der ganzen Welt Kinder. Es scheinen nur Details zu sein, die sie von Kindern in anderen Teilen der Welt unterscheiden. Spielen wir „Lesen und Zeichnen“ - ich schreibe ein Wort und sie müssen es lesen und dann malen – und ich schreibe „CASA“, malen sie etwas, das aussieht wie ein Zelt. Eine „TIENDA“ (Geschäft) ist ein etwas größeres Zelt. Das sind nur Beobachtungen nebenbei. Aber sie deuten auf Realitäten, die ich nur langsam in ihrer Bedeutung zu erfassen beginne.

Manchmal erfahre ich die Geschichten einiger Kinder in den Gesprächen mit den anderen Erzieherinnen in den anfangs angeführten reuniónes. Das stößt mich manchmal vor den Kopf, und immer öfter, je mehr ich das Spanisch verstehe. Zwei Kinder sind Halbgeschwister, so viel wusste ich auch vorher. Seit heute weiß ich, dass die Mutter des einen Jungen umgebracht wurde; deshalb ist die Mutter des Halbbruders eine andere.

Das Engagement der Erzieherinnen für die Kinder der Villa bewundere ich sehr. Sie sind jeden Tag neu auf der Suche nach der bestmöglichen Art zu arbeiten, hinterfragen ihre Maßnahmen ständig und probieren vieles aus. Gerade sind wir dabei einen Ausflug zu planen, in die Casa Rosada, das Regierungsgebäude an der berühmten Plaza de Mayo im Zentrum von Buenos Aires; dann wollen wir U-Bahn fahren mit den Kindern und zum Flughafen, anschauen wie Flugzeuge landen und starten. Das sind einfache Ideen von schlichter Schönheit und von großer Bedeutung für viele der Kinder, die von ihrem Land und der Stadt, in der sie leben, nicht viel gesehen haben.

Ich glaube, das wird der schönste Ausflug nach Capital, den ich mache.

Denn wenn ich nachdenke, dann bin ich im Moment am glücklichsten, wenn ich mit den Menschen aus Itatí zusammen bin. Mittags, wenn ich zum Essen bei einer der Erzieherinnen eingeladen bin, und ihr durch die Wege Itatís zu ihrer Familie folge. Abends, wenn die Sonne tief über den Wellblechhütten steht, und ich erschöpft den Heimweg antrete.

Dann schlafe ich mit den Stimmen der Kinder in meinem Kopf ein und wache mit dem Blick auf ihre Schulhefte auf meinem Schreibtisch auf.

An einem anderen Morgen dann, werde ich wieder schreiben.

Über jede geschriebene Antwort auf meinen ersten Versuch, öffentlich vom ersten Monat hier zu erzählen, würde ich mich wirklich freuen. Denn erst das gibt mir die Möglichkeit zu sehen, ob das Geschriebene dem Gesehenen und Geschehenen in irgendeiner Weise nahe kommt!

Auf bald,

Elena

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