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„Kabhi Khushi Kabhi Gham", In guten wie in schweren Tagen

Von Ehemalige Freiwillige am

Ich hätte nicht gedacht, dass man in Indien in Weihnachtsstress kommen kann, doch ich wurde eines Besseren belehrt. Urlaub planen, Weihnachtspost schreiben, Geschenke besorgen und das alles, obwohl ich vorher schon immer irgendwas zu tun hatte. Das ist auch der Grund, warum mein letzter Blog-Eintrag so lange zurück liegt. Ich versuche jetzt mal die letzten 2 Monate so kurz wie möglich zusammenzufassen.

Ich fang mal mit meinem Geburtstag an.

Da ich gehört habe, dass der Geburtstag hier keinen so großen Stellenwert hat wie bei uns in Deutschland, hatte ich alle Erwartungen an diesen Tag enorm heruntergeschraubt und auch nicht bis 0 Uhr gewartet um „Happy Birthday to me“ zu singen.

Die erste Überraschung war, dass Narmada und Magda an diesem Tag auf ihre zusätzliche Stunde Schlaf – die sie jeden Morgen mehr haben als ich - verzichtet haben und mich mit einem Stück Kuchen + Kerze und einem supertollen – zwar nicht ganz textsicheren- „Wie schön, dass du geboren bist“ begrüßt haben. Und wenn man seine Erwartungen so weit runtergeschraubt hat wie ich, freut man sich wie ein Honigkuchenpferd über ein einfaches Geburtstagsständchen.

Im Grace Kennett kam dann die Zweite Überraschung. Als ich ankam standen alle Kinder, Mitarbeiter und die anderen Freiwilligen um einen kleinen Tisch auf dem ein großer, elefantenförmiger, blauer Kuchen stand und haben mir „Happy Birthday“ gesungen. Ich war echt sprachlos und mir wären fast die Tränen gekommen so hab ich mich gefreut! Wir haben dann alle zusammen genüsslich meinen Kuchen gegessen und Geburtstag gefeiert.

Abends ist unsere „Deutschtruppe“ in ein Roof-Top Restaurant zum Essen gegangen und ich habe noch eine mega-superleckere Schokotorte bekommen.

Es war ein wunderschöner Tag!

Gegen Ende November hatte ich dann eine Reihe schlechter Tage. Als schlechte Tage bezeichne ich die Tage, an denen einfach alles schlecht läuft.

Dazu beigetragen haben erst mal der Schlafmangel (ich hatte einige Wochen richtige Schlafprobleme) und der nicht enden wollende Monsun.

Zu diesen schlechten Tagen gehören auch einige Kakerlaken unterm Bett, Magenprobleme und dass mein Fahrrad einen Platten hatte, mit dem sich die ebene Strecke zum GK angefühlt hat wie ein steiler Berg.

Dazu kamen emotionale Tiefpunkte. Die Arbeit in einem Kinderheim hat eben nicht nur schöne Seiten. Die Kinder sind toll und süß und es macht riesigen Spaß sich mit ihnen zu beschäftigen, doch hinter jedem dieser Kinder steht eine andere, meist traurige Geschichte. Und in diesen Tagen habe ich einiges mitbekommen. Von Kindern, die schon seit 3 Jahren Adoptiveltern haben und seitdem darauf warten endlich in ihre neue Familie zu kommen; von Kindern, die nicht adoptiert werden können, weil die Väter die Adoptionspapiere nicht unterschrieben haben und von Kindern, die nach dem Tod der Mutter zu ihrem gewalttätigen Vater zurückkommen, vor dem die Mutter erst kurz vor ihrem Tod geflüchtet ist...

Ja das waren ein paar schlechte Tage. Und diese schlechten Tage gehören auch in meinen Eintag, denn  sie gehören eben genauso dazu wie die guten.

Am 23.12. war es dann endlich so weit: der langersehnte Urlaub war da! Meine Mutter hat mich über die Ferien besucht und ich habe eine kleine Tour durch Kerala geplant, den Bundesstaat neben Tamil Nadu.

Nachdem wir Heiligabend noch gemütlich zu zweit in Madurai verbracht und am nächsten Tag mit den Kindern im Grace Kennett nochmal gefeiert haben ging es los nach Munnar.

Munnar liegt in den Bergen, inmitten von Teeplantagen und umgeben von den höchsten Bergen Südindiens. Munnar an sich ist nicht sonderlich schön aber die Umgebung... toll!

Teeplantagen wohin das Auge reicht, wunderschöne Seen hinter denen sich die Berge in die Höhe erstrecken und wahnsinns Aussichten über die saftige Landschaft oder über ein Meer von Wolken. Es war unglaublich!

Nach 2 Tagen Munnar ging es weiter nach Alappuzha. Dort hatten wir eine Dusche! Ich meine eine richtige Dusche! Mit Duschkopf! Und da kam sogar richtig gut Wasser raus! Wahnsinn! Das tat so gut!

Von Alappuzha aus sind wir mit einer Fähre über die Backwaters nach Kollam gefahren. Die Backwaters sind ein verzweigtes Netz aus Lagunen, Seen und flachem Schwemmland, verbunden durch angelegte Kanäle. Die Fahrt hat 8 Stunden gedauert und es war wie im Paradies!

Man sieht Fischer, die schwungvoll ihre Netze auswerfen, Frauen, die im Fluss ihre Kleider waschen, Kinder, die im Wasser plantschen und uns zuwinken, Touristen, die sich auf den luxuriösen Hausbooten auf Liegen und Sofas entspannen, grell pinke und lilafarbene Kirchen, grüne Moscheen und die Häuser der Fischer in allen erdenklichen Farben. Die Palmen hängen über das Wasser, auf den Reisfeldern dahinter wird Reis geerntet und Seeadler kreisen am Himmel....

Die letzte Station unserer Tour war Varkala. Das liegt am Meer und ist ziemlich touristisch. Aber es war Urlaubsfeeling pur! Am Strand liegen, baden, shoppen, essen; Viel mehr haben wir die 6 Tage dort nicht gemacht J

Wenn man aus Madurai kommt, ist Varkala wie ein weiterer Kulturschock, nur andersrum.

Was mich am Meisten schockiert hat, waren die Klamotten der Touristen. Ich sag nur: Überaus freizügig! In Deutschland mögen das typische Sommeroutfits sein, doch in Indien muss es eine ähnliche Wirkung auf die Einheimischen haben, als würde man in Nürnberg splitternackt durch die „Breite Gasse“ spazieren. Ich habe mich schon bald in meinem Sommerkleid unwohl gefühlt und habe am Ende auch nurnoch indische Klamotten getragen. So habe ich mich einfach am wohlsten gefühlt und habe auch von einigen Indern Anerkennung, in Form von netten Worten und freundlichen Lächeln, bekommen.

Zurück nach Madurai ging es mit dem Nachtzug in der „Sleeper Class“. Es tat gut wieder von dem Touri-Dasein etwas runterzukommen und inmitten von Indern auf einer schmalen, klapprigen Liege die Nacht zu verbringen.

Zur großen Erleichterung und Überraschung meiner Mutter war von unserem Gepäck ( das die ganze Nacht unbeaufsichtigt und für jeden sichtbar unter einer Liege lag) am Ende der Zugfahrt noch alles da und auch sonst wurde uns auf der ganzen Reise nicht ein einziger Rupie gestohlen. Das hat mir mal wieder gezeigt, dass man den Menschen hier ruhig etwas mehr Vertrauen entgegenbringen sollte, anstatt misstrauisch jeden Rupie des Wechselgeldes nachzuzählen. Es gibt vielleicht auch Gegenden in Indien, wo man das tun sollte, doch die habe ich  bis jetzt noch nicht bereist.

In Madurai fiel es mir erst mal schwer Strand und Meer gegen volle Windeln einzutauschen, doch es hat nicht lang gedauert und ich war wieder sehr glücklich mit meiner Arbeit. Nach ein paar Tagen arbeiten habe ich (endlich!!!) die erste Adoption mitbekommen. Es war so schön! Die neuen Eltern haben vor Glück nur so gestrahlt und der Kleine wurde erst mal von Familienmitglied zu Familienmitglied weitergegeben. Und ihm hat es gefallen! Ich war den Tränen nahe: Das süße Baby, das mir an meinem ersten Tag im GK mit einer Flasche Milch in die Arme gedrückt wurde und in den nächsten 3 Monaten seine ersten Zähne bekommen und die ersten Laufversuche gestartet hat, ist nun endlich in seine neue Familie gekommen!

Auch letzten Monat hatte ich ein bewegendes Erlebnis im Grace Kennett. Es war eine junge Frau da, die als Kind im Grace Kennett gelebt hat und mit 7 Jahren dann in die USA in ihre neue Familie kam. Und jetzt kam sie nach 20 Jahren das erste mal zurück und hat ihr altes zu Hause besucht. Sie hat viel erzählt von ihrem Leben in der USA, von ihren Erinnerungen an ihre Kindheit in Indien und an den Wechsel in ihr neues Leben. Es war unglaublich interessant zu erfahren, wie sich das Leben eines Waisenkindes entwickeln kann...

Solche Momente sind so kostbar für mich und ich schließe sie gedanklich in eine kleine Schachtel, die ich immer öffnen kann, wenn ich wieder mal einen schlechten Tag im Kinderheim habe.

Die Arbeit im Kinderheim ist schön, lustig, anstrengend und ermüdend. Wenn ich abends nach Hause komme bin ich meistens so geschafft, dass ich nichts weiter brauche als eine Tafel indische Schokolade und einen unterhaltenden Film. In den nächsten Tagen ist auf jeden Fall noch mein Lieblings-Bollywoodfilm „In guten wie in schweren Tagen“ dran!

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Lachender Junge

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