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Die Kraft der (Ein) -bildung

Von Ehemalige Freiwillige am

„La fuerza de la educación.“ – Die Kraft der Bildung. Einer der vielen Slogans aus der Wahlkampfkampagne von Christina Fernández de Kirchner. Auf dem dazugehörigen Plakat ist sie zu sehen inmitten einer Gruppe strahlender Grundschulkinder. Man kann sich ihr kaum entziehen, sie ist überall. Von riesigen Plakaten herab winkt sie dem argentinischen Volk zu, im Hintergrund die wehende argentinische Flagge. Wenn ich mir Angela Merkel in solch einer visionären Pose vorstelle, wie sie mit der deutschen Flagge im Hintergrund in den Himmel schauend und mit gefalteten Händen für sich wirbt mit Sätzen wie „Die Kraft von Angela“ muss ich doch schmunzeln. Auch ansonsten lässt die noch derzeitige Präsidentin Argentiniens nichts aus um die morgige Wahl für sich zu entscheiden. Abgesehen davon, dass jedes freie Fleckchen mit ihrem Gesicht tapeziert ist und in den Straßen fleißig Flyer verteilt werden gibt es auch Autos und Flugzeuge (!) die mit Lautsprechern die Bevölkerung beschallen. Bis jetzt habe ich nur einmal ein Plakat eines anderen Präsidentschaftskandidaten gesehen. Ein Mann in einem weißen Anzug der in die Menge zeigt mit dem Wahlspruch „Ich verspreche dir gratis W-Lan!“ Das wäre dann also eine der Alternativen.

Ich muss zugeben, dass ich keine Expertin bin, was die Ploitik hier vorrort betriftt. Doch hier ein paar Fakten, die ich ganz sicher weiß:

1. Es besteht eine Wahlpflicht und die Argentinier dürfen das Land am Wahltag nicht verlassen.

2. In den Wahllokalen gibt es für jede Partei Wahlzettel, die man sich nimmt und dann ankreuzt. Nur kommt es oft vor, dass die Wahlzettel einiger Parteien gar nicht ausliegen.

3. Unangekreuzte Wahlzettel werden am Ende der Auszählungen als Stimme für die Partei gezählt, die gewonnen hat.

4. Die Regierung hat in den letzten Jahren nichts in die Schulen investiert. Lehrer sind unterbezahlt und streiken oftmals. Dann findet natürlich auch kein Unterricht statt.

So viel zu „Die Kraft der Bildung“.

In meiner Projektstelle, dem Barrio (Viertel) San Cayetano gebe ich an drei Nachmittagen die Woche auch Nachhilfe für Kinder von der ersten bis zur sechsten Klasse. Gemeinsam mit zwei anderen Mitarbeitern der Fundación Angelelli bereite ich die Aufgaben für die Kinder vor, helfen ihnen bei eben diesen und korrigiere sie danach. Dieser Teil meiner Arbeit macht mir am meisten Spaß. Die Kinder sind alle unglaublich lieb und zutraulich. Sofort haben sie mich als neue Educadora (Nachhilfelehrerin) im Team akzeptiert und reden mich während den 2 Stunden die die Nachhilfe dauert von sich aus mit Señorita an. Danach werden Spiele gespielt und ich bin für die Kinder wieder Anna oder auch wahlweise Anita.

Doch es ist auch nicht immer einfach. Viele der Kinder können sich nicht richtig konzentrieren und liegen dem eigentlichen Bildungsstand, den sie ihrem Alter nach eigentlich haben sollten, weit zurück. Besonders Mathematik fällt ihnen sehr schwer. Kaum eines der Kinder kann ohne seine Finger rechnen, geschweige denn einstellige Zahlen im Kopf addieren. Auch eine Tatsache, die mit der Strukturierung des argentinischen Schulsystems zusammenhängt. Das Gehalt der Schulleiter ist nämlich auch von dem Prozentsatz der Schüler abhängig die in das nächste Schuljahr versetzt werden. Demnach kann man sich ja vorstellen, dass nahezu alle Schüler versetzt werden, ob sie in dem Schuljahr nun was gelernt haben, oder nicht - es wird vertuscht. Die Kraft der Einbildung.

Ich denke, mit diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass ich wütend bin, wenn Christina Kirchner von „Fuerza de educación“ spricht. Doch was kann ich verändern angesichts dieser Umstände? Ich sehe es nicht alles als aussichtslos an, nein. Jeden Tag aufs Neue gehe ich mit Motivation und Freude an meine Arbeit. Wenn ich diese neugierigen, lieben Kinder sehe, die mir stolz ihre gelösten Aufgaben vorlegen und mich bitten ihnen noch mehr zu geben weiß ich, dass meine Arbeit hier einen Sinn hat.

Man muss seine Ansprüche halt ein wenig zurückschrauben, auch die an sich selbst. Ich kann das Schulsystem nicht verändern, oder die ganzen restlichen Faktoren die alle noch mit hineinspielen. Und ich muss lernen meinen „deutschen Kopf“ abzuschalten und jeden Tag wieder meine Geduld unterbeweisstellen.

Doch wenn ich merke, dass ich die Neugier und das Interesse dieser Kinder wecken kann, sehe ich das schon als einen großen Erfolg an.

In meinem ersten Blogeintrag habe ich davon geschrieben, dass ich das richtige Argentinien kennenlernen möchte. Nun, ich weiß nicht, ob ich es gefunden habe. Dieses Land hat so viele Facetten und wenn ich an den Wochenenden in Buenos Aires durch die Reichenviertel wie Recoletta oder Palermo schlendere kommt es mir vor, als sei ich in einer anderen Welt, obwohl ich nur etwa eine Stunde Bus gefahren bin.

Auf jeden Fall ist das hier mein Argentinien.

Muchos saludos de Florencio Varela!

Anna

 

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