Geschichte des fairen Handels

Innerhalb von 50 Jahren ist aus einer kleinen Solidaritätsbewegung die Erfolgsgeschichte des fairen Handels geworden. Rund 1,8 Milliarden Euro geben die Deutschen inzwischen für fair gehandelte Waren aus. Weltweit profitieren mehr als 2,5 Millionen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, Kunsthandwerker und Kleinstproduzentinnen von garantierten Mindestpreisen, Prämien, Vorschüssen und langfristigen Handelsbeziehungen.

Der Anfang

Hungermärsche

Rund die 30.000 Menschen nehmen in 60 deutschen Städten an den sogenannten Hungermärschen teil. Es ist die bis dahin größte deutsche Solidaritätsaktion für Entwicklungsländer. Initiiert wurde die Aktion von christlichen Studierenden- und Jugendorganisationen. Die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland (aej) und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) wollten die Märkte der Industrieländer stärker für Produkte aus dem globalen Süden öffnen, damit die Entwicklungsländer mehr vom Welthandel profitierten. Der damalige Slogan „Trade not Aid“ prägt die entwicklungspolitische Debatte bis heute.

1970er

Gruppe von Menschen vor einem Laden mit dem Namen "El Puente"

Gründung Fair-Handels-Organisation El Puente

Der Verein El Puente e. V. wurde im Jahr 1972 gegründet. Aus Reisen der jungen Vereinsmitglieder nach Lateinamerika entstanden erste partnerschaftliche Handelsbeziehungen. Aufgrund des großen Erfolgs ging daraus fünf Jahre später das Unternehmen für fairen Handel El Puente hervor. Das Anliegen: Ungerechte Handelsstrukturen bekämpfen und benachteiligten Produzenten im globalen Süden durch den fairen Handel eine Alternative bieten. Seit 1997 ist PaCo e. V., eine Vereinigung von Produzentenorganisationen aus Lateinamerika, Afrika und Asien, Gesellschafter von El Puente. Das Unternehmen ist damit Vorreiter, da erstmals auch Produzenten-Organisationen einen Sitz und eine gleichberechtigte Stimme in den Aufsichtsgremien einer Fair-Handels-Organisation erhielten.

Schwarz-Weiß Foto von einem Wohnwagen mit der Aufschrift "3. Welt-Laden"

Gründung der Weltläden

Die kirchlichen Jugendgruppen aej und BDKJ gründeten die Aktion Dritte-Welt-Handel, kurz A3WH. Aus den Verkaufsaktionen ging 1973 der erste sogenannte Dritte-Welt-Laden hervor, heute Weltladen. Gründungsmitglied war Berthold Burkhardt, damaliger Bildungsreferent von Brot für die Welt. Die Weltläden wollten nicht nur Waren aus den Ländern des globalen Südens verkaufen, sondern Käuferinnen und Käufer auch politisch und konsumkritisch aufklären. Bis heute haben Weltläden einen wichtigen bildungspolitischen Auftrag. Sie beteiligen sich an Kampagnen oder organisieren Aktionen zum fairen Handel. In Deutschland gibt es mittlerweile über 800 Weltläden, europaweit etwa 2500. Die Mitarbeitenden arbeiten überwiegend ehrenamtlich.

Schwarz-Weiß Aufnahme der Straße vor dem GEPA Gebäude

Gründung der Arbeitsgemeinschaft Dritte-Welt-Läden, heute Weltladen Dachverband, und der GEPA

1975 gründeten einige Weltläden die Arbeitsgemeinschaft der Dritte-Welt-Läden, heute Weltladen Dachverband. Sie gründete im gleichen Jahr mit dem Kirchlichen Entwicklungsdienst (KED) und Misereor die Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt mbH, kurz GEPA. Heute heißt sie GEPA – The Fair Trade Company. Sie ist Europas größtes Unternehmen für fairen Handel. Die heutigen Gesellschafter sind Brot für die Welt, Misereor, BDKJ, aej und das Kindermissionswerk Die Sternsinger.

Jutetasche mit dem Aufdruck "Jute statt Plastik"

Aktion „Jute statt Plastik“

1978 brachte die GEPA mit der Aktion „Jute statt Plastik“ die Jutetasche auf den deutschen Markt. Die in Bangladesch gefertigten Einkaufstaschen wurden zum Kultobjekt der alternativen Szene und zum Symbol einer Bewegung, die bis heute die herrschende Konsum- und Wegwerfmentalität kritisiert.

1980er

Schwarzweiß Aufnahme von Kaffeebohnen, Instantkaffee und einer Kaffeemühle

Fair gehandelte Produkte auch im Supermarkt

Schließlich wurden fair erzeugte Produkte nicht mehr nur in den Weltläden oder auf dem Kirchenbasar angeboten, sondern die ersten fairen Kaffeebohnen auch in konventionellen Supermärkten. Um die Glaubwürdigkeit gegenüber den Kundinnen und Kunden weiterhin gewährleisten zu können, führten zahlreiche Initiativen für fairen Handel ab Ende der Achtzigerjahre Standards ein. Sie sollten definieren, was den fairen Handel ausmacht. Eine Idee war die Etablierung eines Siegels, um Konsumentinnen und Konsumenten verlässlich anzuzeigen, ob das Produkt fair erzeugt und gehandelt worden war.

Gründung der International Federation for Alternative Trade (IFAT), heute World Fair Trade Organization (WFTO)

Um die zahlreichen Initiativen für fairen Handel zu bündeln, entstanden verschiedene Dachverbände. 1989 schlossen sich 30 internationale und faire Groß- und Einzelhändler zur IFAT zusammen, der heutigen WFTO. Sie zählt inzwischen über 400 Mitglieder. Darunter sind Kooperativen, Produzentenvereinigungen, Importeure wie die GEPA oder El Puente, aber auch Einzelhändler und nationale oder regionale Fair-Trade-Netzwerke wie der Weltladen-Dachverband. Die WFTO repräsentiert damit die gesamte Handelskette, von der Produktion bis zum Verkauf. Die Mitglieder haben sich dazu verpflichtet, nach den zehn Prinzipien des fairen Handels zu wirtschaften.

1990er

unreife Bio Bananen in Kisten

Gründung TransFair

Um den Fairen Handel weltweit zu fördern, wurde 1992 TransFair e. V. in Köln gegründet. Brot für die Welt war Gründungsmitglied. TransFair vergab das erste Produktsiegel, das heute blau-grün ist. Brot für die Welt hat die Arbeit von TransFair seitdem intensiv begleitet und ist bis heute Vereinsmitglied.

Gründung Fairtrade Labelling Organizations International (FLO), heute Fairtrade International

17 nationale Siegelinitiativen gründeten 1997 die länderübergreifende Dachorganisation Fairtrade Labelling Organizations International (FLO), heute Fairtrade International mit Sitz in Bonn. Sie ist Dach der nationalen Fairtrade Organisationen und der drei Produzentennetzwerke CLAC, Fairtrade Africa und NAPP aus Lateinamerika, Afrika und Asien. Diese erbringen vor Ort Dienstleistungen für Bäuerinnen und Bauern, Arbeiterinnen und Arbeiter und ihre Organisationen. Fairtrade International entwickelt die Gesamtstrategie für Fairtrade, legt Fairtrade-Standards fest und unterstützt auf dem Weltmarkt benachteiligte Produzentinnen und Produzenten durch fairen Handel.

2000er

Gründung Forum Fairer Handel

Um mehr politischen Einfluss zu gewinnen, schlossen sich 2002 die wichtigsten Akteure des fairen Handels zusammen, darunter die GEPA und Kommunen in der Einen Welt. Das neue Netzwerk nannten sie Forum Fairer Handel. Über Öffentlichkeits-, Bildungs- und Lobbyarbeit versucht das Forum Fairer Handel seitdem, den fairen Handel zu stärken. Mit seinen Kooperationspartnern TransFair und dem Weltladen-Dachverband organisiert es beispielsweise jeden September die Faire Woche. Auch Brot für die Welt tragt zu dieser bundesweiten Aktion bei – finanziell und über Bausteine für Gottesdienste, die zum jeweiligen Thema der Fairen Woche entwickelt werden.

Saarbrücken wird erste Fair Trade Town Deutschlands

Die Fairtrade-Towns-Kampagne fördert das Wissen von Konsumentinnen und Konsumenten über globale Wertschöpfungsketten sowie die Verankerung des fairen Handels auf kommunaler Ebene und im Beschaffungswesen. In Deutschland gibt es bereits 600 Städte, die sich dem fairen Handel verschrieben haben, darunter sind zum Beispiel Köln, Leipzig und Nürnberg. Alle zwei Jahre gibt es in Deutschland einen Wettbewerb zur Hauptstadt des fairen Handels. Dieser wird von der Servicestelle „Kommunen in der Einen Welt" organisiert. Bewerben können sich alle Kommunen in Deutschland. Kriterien sind beispielsweise Maßnahmen zur Verankerung des fairen Handels im Beschaffungswesen und der Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) der Vereinten Nationen auf kommunaler Ebene. Mit über 2100 Fair Trade Towns weltweit ist die Kampagne ein wichtiges Instrument, um den fairen Handel in Kommunen zu verankern. Um die Kampagne auch im globalen Süden zu stärken, wurde im Jahr 2019 gemeinsam mit den Produzenten-Netzwerken WFTO-Lateinamerika und der CLAC und der Unterstützung von Brot für die Welt die erste Regionalkonferenz der lateinamerikanischen Fair-Trade-Towns-Bewegung veranstaltet.

2010er

Verabschiedung der Internationalen Charta des Fairen Handels

Anlässlich des dritten Jahrestags der Verabschiedung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung wurde im Herbst 2018 die neue Internationale Charta des Fairen Handels von WFTO und Fairtrade International verabschiedet. Die Charta legt die grundlegenden Werte des fairen Handels fest und definiert eine gemeinsame Vision zur Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDGs). Die Charta wird von mehr als 250 zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützt. Mit dem Übereinkommen haben sich die Akteure des fairen Handels dafür ausgesprochen, stärker zu kooperieren und gemeinsam für einen fairen Welthandel zu kämpfen. Sie wollen dazu beitragen, dass die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen bis 2030 umgesetzt werden.

Plakat zum Lieferkettengesetz mit einer Weltkugel im Hintergrund

Start der Initiative Lieferkettengesetz in Deutschland

Gemeinsam mit über 80 Umweltorganisationen sowie Gewerkschaften hat Brot für die Welt die „Initiative Lieferkettengesetz“ gestartet. Das Ziel: Ein Gesetz, das alle deutschen Unternehmen verpflichtet, bei ihren Geschäften im In- und Ausland dafür zu sorgen die Menschenrechte einzuhalten und die Natur nicht zu zerstören. Ein umfassendes Lieferkettengesetz würde menschenrechtliche und ökologische Mindeststandards für alle Unternehmen und in allen Branchen festlegen und Verstöße würden rechtliche Konsequenzen haben. Deshalb fordern neben Brot für die Welt zahlreiche Fairtrade-Organisationen wie das Forum Fairer Handel, Misereor, der Weltladen Dachverband oder die agl ein verbindliches Gesetz.

2020er

50 Jahre fairer Handel

Rund 1,8 Milliarden Euro geben die Deutschen inzwischen für fair gehandelte Waren aus, mehr als fünfmal so viel wie noch vor zehn Jahren. Weltweit profitieren mehr als 2,5 Millionen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, Kunsthandwerker und Kleinstproduzentinnen samt ihren Familien von garantierten Mindestpreisen, der Fairtrade-Prämie, Vorschüssen und vor allem von den im fairen Handel üblichen langfristigen Handelsbeziehungen. Doch 99 Prozent des Handels sind nach wie vor nicht fair. Der Klimawandel, niedrige Weltmarktpreise für Kaffee oder Bananen sowie stark konzentrierte Märkte sind eine große Herausforderung. Der faire Handel wird mehr gebraucht denn je.

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Lachender Junge

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100 € (Spendenbeispiel) Mit 100 € können z.B. 50 Spaten für das Anlegen von Gemüsegärten in Burkina Faso gekauft werden. Dort wird vermehrt auf dürreresistentes Saatgut gesetzt, um trotz Klimawandel genug zum Überleben zu haben.

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