Tschad
Angst vor dem Coronavirus
Deutschland hat gut ausgestattete Kliniken und eine hohe Ärztedichte. Das ist in vielen Ländern anders – so auch im Tschad: Dort kümmert sich ein Arzt im Schnitt um 20.000 Menschen. Zu all den Sorgen, die Mediziner dort Tag für Tag umtreiben, kommt nun eine neue hinzu: das Coronavirus.
Ständig im Einsatz
Sein Arbeitstag ist eng getaktet: Ab sechs Uhr in der Früh eine Stunde Büroarbeit, dann Gottesdienst, Morgenbesprechung und Visite, am Nachmittag drei bis vier Operationen. Dr. Djékadoum Ndilta eilt von Patient zu Patient, von der Intensivstation in den Aufwachraum, er hilft bei Geburten, sorgt sich um frisch Operierte, geht zu den Tuberkulosepatienten. Bett für Bett muss er Blitzentscheidungen treffen: Wie weiter mit dem Mann mit dem Motorradunfall? Dem Mädchen mit dem Schlangenbiss? Den vielen Patientinnen und Patienten mit Bauchweh, Husten oder Fieber?
Ansprechpartnerin

Viel zu wenige Ärzte
Dr. Ndilta ist leitender Arzt am kirchlichen Krankenhaus von Koyom. Wer es hierher geschafft hat, kann sich glücklich schätzen: Die Klinik ist die Einzige in einem Umkreis von 72 Kilometern, einem Gebiet, in dem fast 100.000 Menschen leben. Weltweit zählt der Tschad zu den Ländern mit der geringsten Ärztedichte: 20.000 Patienten hat ein Mediziner hier im Schnitt zu versorgen. Zum Vergleich: Eine Ärztin in Deutschland braucht sich nur um 238 Menschen zu kümmern, ein Arzt auf Kuba sogar nur um 122. Zahlen, von denen Dr. Ndilta nur träumen kann.
Das Virus ist angekommen
Zu all den Sorgen, die den Mediziner Tag für Tag umtreiben, kommt nun eine neue hinzu: das Coronavirus. Am 19. März 2020 wurde in der Hauptstadt N'Djamena der erste Fall registriert, mittlerweile gibt es noch einen weiteren. Noch ist das Virus nicht in der Region angekommen, doch das ist nur eine Frage der Zeit. Nach Angaben der WHO sind weltweit 187 Länder von COVID-19 betroffen, darunter auch 35 in Afrika. Auf dem gesamten Kontinent gibt es bereits mehr als 600 bestätigte Fälle (Stand: 23.03.2020).
Bildergalerie: Vorbereitung auf Corona

Dr. Djékadoum Ndilta leitet seit 2002 das kirchliche Krankenhaus von Koyom, einem kleinen Ort ca. 320 Kilometer südlich der Hauptstadt N'Djamena.
© Christoph Püschner / Brot für die Welt

Die Klinik ist die Einzige weit und breit. Kranke kommen mit ihren Angehörigen von weither, um sich hier behandeln zu lassen.
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Tag für Tag eilt Dr. Ndilta von Patient zu Patient, untersucht, operiert, hilft bei Geburten, macht Mut, spendet Trost.
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Nun kommt eine neue Sorge hinzu: das Coronavirus. „In der Hauptstadt N’Djamena wurde der erste Fall registriert“, berichtet der Arzt.
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In den letzten Tagen hat er das Personal des Krankenhauses ausführlich über das Virus informiert. Alle seien in der Lage, mögliche Verdachtsfälle zu erkennen.
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Viel mehr kann das Krankenhaus nicht tun: Das einzige Beatmungsgerät wird im OP-Saal gebraucht.
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Aufklärung zum Thema Hygiene ist das Gebot der Stunde. Denn die Menschen in der Region leben auf engstem Raum zusammen.
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Kaum medizinische Geräte
Seit Tagen informiert der Arzt seine Krankenschwestern und Pfleger ausführlich über das Virus. Alle seien in der Lage, mögliche Verdachtsfälle zu erkennen und die Patienten zu isolieren. Viel mehr könne das Krankenhaus jedoch nicht tun: „Wir können selber keine Tests machen, sondern nur Abstriche vornehmen und die Proben nach N'Djamena schicken“, sagt Dr. Ndilta. In seinem Krankenhaus gibt es nur drei Sauerstoffgeräte und ein einziges Beatmungsgerät. „Das brauchen wir im OP-Saal für die Narkose.“
Aufklärung über Hygiene
Die meisten Geräte in seiner Klinik haben Hilfsorganisationen finanziert, vom Staat kommt im Tschad wenig Unterstützung. Brot für die Welt etwa hat die Intensivstation gebaut und ein Allradfahrzeug gekauft. Schwerkranke können damit in abgelegenen Gebieten abgeholt werden. Das evangelische Hilfswerk fördert zudem im ganzen Einzugsgebiet Aufklärungskampagnen, zum Beispiel zum Thema Hygiene. Damit die Menschen gar nicht erst ins Krankenhaus müssen.
Weder Toiletten noch Wasser
Wie wichtig diese Arbeit ist, zeigt sich gerade in der aktuellen Situation: „In unserer Region leben die Menschen auf engstem Raum zusammen, und viele haben weder Toiletten noch sauberes Wasser“, sagt der Arzt. Hinzu kommt, dass nicht alle die grundlegenden Hygieneregeln beachten: „Die schlechten Angewohnheiten zu bekämpfen – das ist die große Herausforderung im Kampf gegen das Virus.“ Ob sein Land die bewältigt? „Wenn man sieht, wie sehr die Epidemie Europa trotz all seiner Möglichkeiten erschüttert, mache ich mir schon große Sorgen.“
Material zum Mitnehmen

Händewaschen nicht vergessen!
Hier finden Sie mehr Informationen zum Projekt in Tschad: Persönliche Geschichten von Patienten, Interviews mit Verantwortlichen, Zahlen über das Projekt und Länderinfos.
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