Bangladesch
Genug zum Leben trotz Klimawandel
Bis vor ein paar Jahren lebten die Menschen in Charlathimara von Fischfang und Reisanbau. Doch seit immer mehr Wirbelstürme das Meer aufwühlen und Salzwasser ins Landesinnere vordringt, müssen sie neue Einnahmequellen finden. Das ist Herausforderung und Chance zugleich, vor allem für die Frauen.
Auf den Klimawandel reagieren
Vor Aklima Begums Lehmhütte haben sich zwei Dutzend Menschen versammelt: Frauen in bunten Saris, Männer in karierten Röcken, Kinder in T-Shirts und kurzen Hosen. Sie alle sitzen in einem großen Kreis auf dem staubigen Boden und blicken erwartungsvoll in ihre Richtung. Auf einem kleinen Hocker hat die 34-Jährige eine Schautafel mit Illustrationen platziert. Gleich soll das Katastrophentraining beginnen. Doch erst einmal muss Aklima Begum ihr Lampenfieber in den Griff bekommen. Sie blickt nach unten und hält einen Moment inne.
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Klimawandel trifft Bangladesch besonders hart
In der Küstenregion von Bangladesch, wo Aklima Begum lebt mit ihrem Mann Saheb Ali, Tochter Mizanur, 13, und Sohn Abu Saleh, 22, sind die Folgen des Klimawandels so heftig zu spüren wie in kaum einer anderen Gegend der Welt. Jedes Jahr treffen mehrere Wirbelstürme auf die Küste und erzeugen Flutwellen, die Böden und Grundwasser versalzen. Auf den Äckern gedeiht kaum noch etwas. Die Fischer können immer seltener sicher aufs Meer hinausfahren. Sie riskieren, in aufziehenden Stürmen ihren Fang oder sogar ihr Boot zu verlieren. Es mangelt an Wasser zum Trinken und zur Bewässerung der Felder, die Frauen verbringen mehrere Stunden am Tag damit, Wasser von den wenigen nutzbaren Brunnen zu holen.
Kaum genug für drei Mahlzeiten am Tag
Aklima Begums Familie gehört im Dorf Charlathimara zu denjenigen, die am stärksten gefährdet sind. Ihre Hütte steht keine hundert Meter vom Meer entfernt. Seit Wirbelsturm Sidr im Herbst 2007 über sie hinweg gefegt war, kämpfte die Familie Tag für Tag ums Überleben. Der Ozean hatte den Trawler und die Netze von Aklimas Mann geschluckt, sie hatten deshalb Kredite für ein neues Schiff und neue Fangleinen aufnehmen müssen. Doch im Jahr darauf riss ein weiterer Sturm beides fort. Seitdem arbeitete ihr Mann als Tagelöhner auf Baustellen in der nächstgelegenen Stadt. Was er abends nach Hause brachte, reichte jedoch kaum für drei Mahlzeiten am Tag, und erst recht nicht, um die Schulden zurückzuzahlen.
Bildergalerie: Genug zum Leben trotz Klimawandel

Wirbelstürme und der Anstieg des Meeresspiegels führen in Bangladesch immer häufiger zu Überschwemmungen. Das Ackerland wird unfruchtbar, das Trinkwasser knapp.
© Probal Rashid / Brot für die Welt

Die Organisation CCDB unterstützt besonders arme Familien in der Küstenregion bei der Anpassung an den Klimawandel und schult sie in alternativen Anbaumethoden.
© Frank Schultze / Brot fuer die Welt

Davon hat auch Aklima Begum im Dorf Charlathimara profitiert. CCDB-Mitarbeitende brachten ihr salzresistentes Saatgut. Vier Monate später konnte sie den ersten Reis ernten.
© Emtiaz Ahmed Dulu / Brot für die Welt

Vor ihrem Haus installierten die Mitarbeitenden einen Regenwassertank mit einem Filter aus Sand, so dass die Familie immer sauberes Trinkwasser hat.
© Emtiaz Ahmed Dulu / Brot für die Welt

Und sie zeigten ihr, wie sie trotz des Salzes im Boden Gemüse anbauen kann. Heute befüllt sie Pflanztöpfe mit ihrem eigenen Kompost, hängt sie auf oder stellt sie auf Bänke.
© Emtiaz Ahmed Dulu / Brot für die Welt

Das Gemüse und die Eier ihrer Hühner reichen nicht nur, um ihre Kinder satt zu bekommen. Einen Teil kann Aklima Begum auch verkaufen und so etwas Geld zurücklegen.
© Emtiaz Ahmed Dulu / Brot für die Welt

Seit zwei Jahren geht es Aklima Begum so gut, dass sie die Leute in der Nachbarschaft unterstützen kann. Sie gibt bereitwillig weiter, was sie selbst gelernt hat.
© Emtiaz Ahmed Dulu / Brot für die Welt
Viele wertvolle Tipps
Das Leben der Familie änderte sich erst, als Aklima Begum begann, den Mitarbeitenden der Christian Commission for Development in Bangladesh (CCDB) zu vertrauen. Die Partnerorganisation von Brot für die Welt hilft den Menschen in der Küstenregion seit 2012, ihre Lebensweise an die veränderten Klimabedingungen anzupassen. Sie gaben ihr salzresistentes Saatgut, installierten vor ihrem Haus einen Wassertank mit einem Filter aus Sand und zeigten ihr, wie sie trotz des Salzes im Boden Gemüse anbauen kann, indem sie mit Würmern ihren eigenen Kompost herstellt, die Erde in Kisten und Säcke füllt und diese aufhängt oder auf Bänke stellt. Nun erntet sie in ihrem üppigen Hoch-Garten rund um ihr Haus fast jeden Tag Okra- und Chilischoten, Sonnenblumenkerne, Auberginen, Spinat, Linsen und Bohnen.
„Auch die Mädchen müssen lernen“
Seit zwei Jahren geht es Aklima Begum so gut, dass sie begonnen hat, ihrerseits die Leute in der Nachbarschaft zu unterstützen. Alle paar Monate versammelt sie sie vor ihrer Hütte und gibt weiter, was sie selbst gelernt hat. Heute erklärt sie ihnen, wie sie sich vor den Wirbelstürmen und den Flutwellen schützen können. Sie erklärt ihnen, wie wichtig es ist, rechtzeitig den Schutzraum aus Beton aufzusuchen und dort nicht nur Lebensmittel und Wasser, sondern auch Saatgut aufzubewahren. Denn damit lässt sich neues Gemüse ziehen, falls eine Flutwelle auch die Hochbeete zerstören sollte. Ihre Tochter ist auch unter den Zuhörenden, und Aklima betont: „Für eine sichere Zukunft brauchen wir vor allem Wissen, und auch die Mädchen müssen lernen.“
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