In der armenischen Hauptstadt Eriwan sind die Konflikte mit den Nachbarländern Türkei und Aserbaidschan allgegenwärtig.
© Frank Schultze / Brot für die Welt
Für die junge Generation im Kaukasus ist der Konflikt zwischen den Nachbarländern Normalität, überkommene Feindbilder werden kaum infrage gestellt. Ein Projekt bringt junge Menschen aus verschiedenen Nationen zusammen – und sie verstehen sich überraschend gut.
Wer seinen Blick von den Hügeln oberhalb der armenischen Hauptstadt Eriwan in die Ferne schweifen lässt, sieht ein Land, das eingekeilt ist zwischen Staaten, die als Feinde gelten. Im Süden erhebt sich die schneebedeckte Spitze des Berges Ararat. Er liegt auf türkischem Staatsgebiet, die Grenze ist geschlossen. Eine frostige Nachbarschaft. Im Osten liegt die Grenze zu Aserbaidschan. Dort wird immer wieder gekämpft.
Anders als viele Gleichaltrige in Armenien hat Marina Babayan keine Vorbehalte gegenüber Menschen aus den Nachbarländern. Die 22-Jährige hat Freundinnen und Freunde aus Aserbaidschan und aus der Türkei. Kennengelernt hat sie sie bei Workshops und Treffen der internationalen Jugendorganisation YMCA. Auf Deutsch nennt sie sich Christlicher Verein junger Menschen (CVJM) und sie hat Niederlassungen in 119 Ländern. In Armenien und Georgien entstand die Idee, mit Mitgliedern der Organisation an einer besseren Zukunft zu bauen und Frieden zu stiften.
Mit 17 Jahren nahm Marina zum ersten Mal an einem YMCA-Sommercamp teil. Es war Teil des Projekts „Roots for Reconciliation“ („Wurzeln der Versöhnung“). Der Armenier Vardan Hambardzumyan hat es 2006 zusammen mit Partnern aus Georgien ins Leben gerufen. An den Workshops nehmen mittlerweile junge Leute aus ganz Europa teil, mit finanzieller Unterstützung von Brot für die Welt. Der Ansatz: Die Teilnehmenden suchen nach dem, was sie verbindet, nicht nach dem, was sie trennt. Und wenn sie in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind, stellen sie eigene kleine Friedensprojekte auf die Beine.
Für Marina war das Camp ein einschneidendes Erlebnis. Sie wollte dort eigentlich nur Gitarre spielen, singen, Spaß haben. All das klappte auch, aber es geschah noch viel mehr. Als sie zum ersten Mal auf junge Menschen aus der Türkei und Aserbaidschan traf, sei sie so nervös gewesen, dass sie gerade einmal ihren eigenen Namen herausgebracht habe, berichtet sie. Aber schon bald war das Eis gebrochen. „Wir redeten sogar über Politik, obwohl wir uns fest vorgenommen hatten, nicht darüber zu sprechen. Es war wie Magie.“ Stolz und glücklich sei sie gewesen, sagt Marina.
Aus dem Mädchen, das vor allem Spaß haben wollte, ist eine politisch interessierte Frau geworden. Als die Menschen in Armenien im Sommer 2018 mit friedlichen Demonstrationen ihren Ministerpräsidenten aus dem Amt jagten, marschierte Marina Babayan mit auf der Straße. Sie organisiert jetzt selbst Workshops für „Roots for Reconciliation“, der jüngste hieß „Art4Peace“. Wenn sie bei diesen Treffen angebliche Feinde zusammenhocken sieht, verspürt sie wieder dieses Gefühl: Stolz.
Hinweis: Die Spendenbeispiele sind symbolisch. Durch Ihre zweckungebundene Spende ermöglichen Sie uns dort zu helfen, wo es am dringendsten ist.
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