"Wenn die WTO nicht einen stillen Tod sterben will, benötigt sie bald eine Frischzellenkur", so fasst Michael Frein seine Beobachtungen von zwei Verhandlungstagen zusammen. "Die Organisation hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden, sie klebt an ihrem einseitigen Modell von Liberalisierung und Marktöffnung." Der Werkzeugkasten der WTO sei für die Lösung der aktuellen Probleme nicht gerüstet. "Die wirklich entscheidenden Fragen hat sie sich in Genf gar nicht gestellt", so Frein. "Die WTO müsste endlich ein zukunftsorientiertes, multilaterales Handelssystem entwerfen. Es sollte sicherstellen, dass handelspolitische Verpflichtungen der notwendigen ökologischen und sozialen Regulierung der Märkte nicht im Wege stehen. Ein solches Modell muss gleichzeitig den Entwicklungsländern Exporte als Element ihrer Entwicklungsstrategie ermöglichen."
Hervorstechendes Beispiel für die Winterstarre der WTO sei die Doha-Runde. Dort verhandeln die WTO-Mitgliedsländer seit 2001 erfolglos über eine weitere Liberalisierung des Welthandels. "Die Doha-Runde ist klinisch tot", so Michael Frein. "Ehrlich wäre es gewesen, die Runde endlich zu beerdigen. Stattdessen klammern sich die Delegierten weiter an die Hoffnung auf ein Wunder." Insbesondere die Industrieländer hätten darauf bereits reagiert, indem sie ihre Politik der Handelsliberalisierung vom multilateralen Rahmen der WTO auf die bilaterale und regionale Ebene verlagerten, so Frein. Die WTO sei dabei, ihre zentrale Funktion als Motor eines freien Welthandels zu verlieren.
Die vergangenen zehn Verhandlungsjahre der Doha-Runde hätten gezeigt, wie weit die Positionen zwischen den WTO-Mitgliedern auseinander lägen, so Michael Frein. Bei der Landwirtschaft weigern sich die Industrieländer, insbesondere die USA, den Entwicklungsländern ausreichend Schutz für ihre kleinbäuerliche Produktion zuzugestehen. Zudem beharren die Industrieländer darauf, ihre Märkte mit Subventionen vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Bei den Industriegütern fordern die Industrieländer weitere Marktöffnungen der Entwicklungsländer und diese widersetzen sich mit dem Argument, dass sie ihre heimische Wirtschaft für die industrielle Entwicklung schützen müssen. "Die Doha-Runde scheitert, weil die Industrieländer, als sie vor zehn Jahren auf eine weitergehende Liberalisierung des Welthandels in der WTO drängten, die sozioökonomischen Probleme der Entwicklungsländer falsch eingeschätzt oder schlicht ignoriert haben", so Michael Frein. Es sei zu befürchten, dass sie diesen Fehler bei den aktuellen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Krisen wiederholten.
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