Auf die Sättel, fertig, los – heißt es am Morgen des 30. April um 9.25 Uhr bei strahlendem Sonnenschein vor der St. Michaeliskirche in Hildesheim, als mehr als 150 Fahrradfahrer*innen laut klingelnd und jubelnd gemeinsam bei der "Brot für die Welt-Fahrradtour" in Richtung Hannover starten. Sie alle haben ein lohnendes Ziel vor Augen: Mit dem Fahrrad zum Deutschen Evangelischen Kirchentag fahren. Auf einer Etappe von 35 Kilometern wollen sie ein Zeichen für Klimagerechtigkeit und alternative Transportmittel setzen.
Viele der Teilnehmer*innen waren bereits seit der Vorwoche unterwegs – sie starteten ihre Tour in Nürnberg, Karlsruhe, Stuttgart, Heidelberg, Erfurt – und aus vielen anderen Ecken Deutschlands. Aus allen Himmelsrichtungen treffen sie sich zur Sternfahrt in Hildesheim, manche haben 600 Kilometer bis Hannover auf dem Tacho.
Stimmen der Radpilger*innen
Nach und nach treffen die Gruppen aus ihren Quartieren vor der St. Michaeliskirche ein. Zum Teil haben sie in Hotels, oftmals in Gemeindehäusern auf Matratzen übernachtet. Unter ihnen Monika N., 72 Jahre, aus Georgsmarienhütte bei Osnabrück. Sie ist aber nicht etwa von dort aus gestartet, sondern mit einer 20-köpfigen Radfahr*innengruppe von Nürnberg aus. Dort fand der Kirchentag 2023 statt – sie radeln unter anderem von Kirchentag zu Kirchentag, so will es die Tradition und so steht es auch auf ihren Warnwesten. Seit dem 23. April ging es in Etappen über Bamberg nach Göttingen und Hildesheim: insgesamt rund 500 Kilometer. „Brüderlichkeit und soziale Gerechtigkeit steht bei uns im Fokus – dafür machen wir das. Aber auch für das Gemeinschaftsgefühl – und wir treffen jedes Mal wieder bekannte Gesichter“, lautet ihr Fazit.
„Uns geht es um Gottes Schöpfung und ihren Erhalt – und wir verzichten auf Fleisch. Vor jeder Etappe gab es bei uns einen Reisesegen. Bei den Fahrten wurde viel gesungen, über Gott und die Welt gesprochen, aber auch mal die Stille genossen“, erzählt Jürgen M., 64 Jahre, aus Rendsburg. Seine Gruppe, bestehend aus 17 Leuten, dankt für den schönen Vesperabend. „Wir haben die besondere Atmosphäre und das leckere Essen in der Michaeliskirche sehr genossen. Danke Brot für die Welt!“
Achim Z., 75 Jahre, ist mit seiner Truppe aus Karlsruhe gestartet, einige sind in Heidelberg dazugestoßen. „Wir kannten uns vorher nicht, das Spektrum der Heimatorte reicht von Hamburg bis fast Basel. Morgens, mittags und abends gab es bei uns ein kurzes Gebet – wie bei Pilgern üblich. Der Weg hat das Kennenlernen gemacht und der gute Geist machte uns zu einem tollen Team.“
Felix W., 16 Jahre, aus Hildesheim ist einer der jüngsten Teilnehmer. Er hat sich morgens spontan entschieden, dabei zu sein, zusammen mit seinem Vater Bastian W., 47. Der ist Kirchenvorsteher, hat gerade das Frühstück für eine Pilgergruppe aus Norddeutschland vorbereitet und wollte kurzerhand mitfahren. „Ich fahre gerne Fahrrad, Fans vom Kirchentag sind wir auch – und Brot für die Welt ist bei uns immer präsent. Also, los geht‘s!“
Der große Start ab Hildesheim nach Hannover
Auf dem Vorplatz der St. Michaeliskirche herrscht immer mehr Betrieb. Maike Hamacher, Referentin für Kommunikation und Fundraising im Referat Brot für die Welt in der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers und in der Ev.-Luth. Landeskirche Schaumburg-Lippe, die die Tour leitet, bedankt sich bei allen Sportler*innen und ihren Sponsor*innen, die für jeden gefahrenen Kilometer einen Betrag X spenden, für ihren Einsatz für eine klimagerechtere Welt. Superintendentin Cordula Trauner hat zusammen mit Helfer*innen für alle Teilnehmer*innen einen Care-Jutebeutel zusammengestellt. Was drin ist? Zwei Bananen und Elektrolyte zum Auflösen als Proviant. Auch einen Reisesegen gibt sie den Radler*innen mit auf den Weg. Aber erst, nachdem sie dem ältesten Mitfahrer, Johannes O., 91 Jahre jung, versprochen hat, seine gefahrenen Kilometer für Brot für die Welt zu sponsern. „Ihr, die ihr euch auf den Weg macht. Tretet mutig für Gerechtigkeit, fahrt stark gegen den Wind der Ungerechtigkeit, tragt ein beherztes Herz in diese Welt.“
Als der Startschuss fällt, geht das große Geklingel los. 35 Kilometer sind es insgesamt – vorbei an Feldern und Wiesen, mal ein Stück durch den Wald und später an Teichen entlang – mit zwei Zwischenstopps am Innerstebad Sarstedt und bei der gastfreundlichen evangelischen St.-Vitus-Kirchengemeinde in Wilkenburg. Die Stimmung ist super, die Radfahrer*innen liegen so gut in der Zeit, dass Pause zwei länger ausfällt – mit Picknick auf der Wiese und auf Klappstühlen, Kirchenbesichtigung und Gesangseinlage. Jetzt sind es nur noch wenige Kilometer. Vorbei am Maschsee, die Sonne brennt, frühsommerliche 22 Grad, angenehmer Wind. Bald ist das Schillerdenkmal erreicht, die Zielgerade naht. Unter tosendem Applaus und laut klingelnd sind sie in der Innenstadt von Hannover angekommen. Ganz ohne Pannen und platte Reifen. Glücklich. Stolz. Gut gelaunt.
Dank, lobende Worte und Kirchentags-Feeling auf der Bühne
Auf der Bühne spielt die Band Stilbruch die nächsten Stücke, auch ein Posaunenchor unter der Leitung von Landesposaunenwart Henning Herzog gibt ein kirchentagstypisches Intermezzo. Die Ehrengäste freuen sich mit den Sportler*innen – und auf den Kirchentag. Belit Onay, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover, zeigt sich begeistert von der Aktion und dem großen Engagement für Brot für die Welt. Martin Krieg, Direktor Engagement und Kommunikation bei Brot für die Welt, spricht mit Moderatorin Denise Irmscher, Referatsleiterin Brot für die Welt in der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers und der Ev.-Luth. Landeskirche Schaumburg-Lippe, über Klimagerechtigkeit. „Mit ihrer Fahrt haben sie nicht nur ein Zeichen gesetzt, sie haben auch ganz konkret etwas bewegt. Das Geld, das durch das Kilometersponsoring zusammenkommt, unterstützt weltweit Klimaprojekte wie das der Christian Commission für Development in Bangladesch (CCDB).“
Gemeinsam mit Brot für die Welt setzt sich die Partnerorganisation dafür ein, dass sich Kleinbauernfamilien besser an die Herausforderungen des Klimawandels anpassen können. Mit salzresistentem Saatgut, dem Bau von Wassertanks und Schulungen in klimaangepasster Landwirtschaft können die Familien ihre zerstörten Lebensgrundlagen wieder aufbauen.
Ein großer Dank geht bei einer so großen Fahrradtour natürlich an alle Mitwirkenden, an die Streckenplaner*inen, die Ordner*innen, die Polizei aus Hildesheim und Hannover, den Johanniter-Sanitätsdienst, der zum Teil sogar auf dem Fahrrad dabei war, und viele andere.
Die letzten acht Kilometer von Wilkenburg zum Schillerdenkmal radelten sogar Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, und Marion Timm, Vorständin des Diakonischen Werkes evangelischer Kirchen in Niedersachsen e.V., mit – und kamen mit den Teilnehmer*innen ins Gespräch. Auf die Frage von Denise Irmscher, wie denn eine klimagerechte Kirche aussehen kann, antwortet Präses Anna-Nicole Heinrich: „Hier und heute kommen schon zwei Sachen zusammen: Die weltweite Dimension nicht aus dem Blick zu verlieren und sich immer wieder bewusst zu machen: Unser Handeln hier, mögen es auch kleine Schritte sein, haben Auswirkungen auf die Menschen in dieser Welt. Es ist einfach ein megakrasses Symbol, wenn 150 Menschen mit viel Spaß am Fahrradfahren klimaneutral in diese Stadt radeln! Und nun genießen wir alle gemeinsam einen grandiosen Kirchentag!“
Die Brot für die Welt-Fahrradtour „Radeln fürs Klima“ ist eine Aktion von Brot für die Welt im Vorfeld des Deutschen Evangelischen Kirchentages 2025 in Hannover. Organisiert wurde die Tour durch das Team des Referates Brot für die Welt in der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers und der Ev.-Luth. Landeskirche Schaumburg-Lippe. Die Streckenplanung und -durchführung und Ordner*innen wurden durch den Allgemeinden Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Region Hannover e.V. und Christian Schaper aus dem Ev.-luth. Kirchenkreis Lüneburg unterstützt.