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Mehr soziale Nachhaltigkeit im Finanzsektor

Nachhaltigkeit hat auf den europäischen Finanzmärkten in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Dafür hat die EU einige regulatorische Voraussetzungen geschaffen. Soziale und menschenrechtliche Aspekte von Nachhaltigkeit drohen jedoch auf der Strecke zu bleiben.

Von Jutta Albrecht am
Banken-Skyline in Frankfurt am Main

Banken-Skyline in Frankfurt am Main

Der Finanzsektor spielt eine Schlüsselrolle, um Europa als ersten Kontinent bis 2050 klimaneutral aufzustellen. In Sachen Sustainable Finance hat sich daher in den vergangenen fünf Jahren auf EU-Ebene viel getan. Ein ganzes Bündel von Verordnungen wurde seit 2018 erlassen, um die Voraussetzungen für mehr Transparenz und Nachhaltigkeit auf den europäischen Finanzmärkten sowie die Ziele der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung mit ihren SDG-Zielen zu befördern.

Das Kernstück der Sustainable Finance-Regulierung ist die im Juli 2020 verabschiedete EU Taxonomie, mit der ein gemeinsamer, umfassender und wissenschaftlich fundierter Bewertungsmaßstab für ökologisch nachhaltige Investitionen geschaffen wurde. Trotz ihrer Defizite – namentlich der Anerkennung von Investitionen in Atom- und Gaskraftwerke – trägt sie dazu bei, dass Investitionen leichter mobilisiert und gezielter in nachhaltig-ökologische Wirtschaftsaktivitäten gelenkt werden können. Anleger:innen erhalten darüber hinaus mehr Informationen über Finanzprodukte und können so fundierte Anlageentscheidungen treffen.

Die EU-Taxonomie ist weiterhin sozial blind

Neben der EU haben zeitgleich etwa 20 Länder und Regionen damit begonnen, eigene Ansätze für ökologische, soziale oder Transformations-Taxonomien zu entwickeln. Einige wurden inzwischen fertig gestellt. Dazu gehören u.a. Kanada, China, Chile, Kolumbien, Kasachstan und die ASEAN-Region. Da die EU-Taxonomie einen umfassenden Ansatz verfolgt, dient sie vielen Ländern als Orientierung und trägt dazu bei, Standards zu setzen. Von Anfang an war geplant, dass die ökologische Taxonomie um eine soziale und eine Governance-Taxonomie erweitert werden soll. Leider steht der Prozess der Entwicklung der sozialen Taxonomie schon länger still. Die politische Auseinandersetzung um die Ausgestaltung der grünen Taxonomie und der Druck durch die Finanzlobby war in den letzten Monaten so hoch, dass die politischen Entscheidungsträger:innen  in Brüssel der Entwicklung der sozialen Taxonomie keine Priorität einräumen.   

Die Schaffung eines harmonisierten Nachhaltigkeitsverständnisses und entsprechender menschenrechtlicher und sozialer Standards auf den globalen Finanzmärkten ist aber wichtig, um Kapitalströme in sozial nachhaltige Aktivitäten zu lenken. So können Investitionen zielgerichteter in Projekte zu menschenwürdiger Arbeit, bezahlbarem Wohnraum oder zu einem zugänglichen Gesundheitswesen mobilisiert werden.  Auf nationaler, wie internationaler Ebene könnte die soziale Taxonomie dazu beitragen, die sozialen Ziele der SDGs und die Verwirklichung von sozialer Gerechtigkeit einfacher umzusetzen.

Verbraucher:innen sind weiter als die Politik

Die Nachfrage nach nachhaltigen Finanzanlagen steigt seit Jahren. Konsument:innen wünschen sich nachhaltige Finanzprodukte. Um diesem Wunsch nachzukommen, braucht es eine gesetzlich definierte soziale Taxonomie, die einen einheitlichen Rahmen schafft und Auskunft darüber gibt, was als sozial nachhaltige Wirtschaftsaktivität und Investition eingestuft wird. Bleibt so ein Rahmen aus, werden die Banken und Investmentfirmen weiterhin ihre eigenen Interpretationen der sozialen Nachhaltigkeit verwenden. Es droht das sogenannnte Social-Washing, also Marketingmaßnahmen von Unternehmen, die sich als besonders sozial darstellen, um sich darüber ein besseres Image oder finanzielle Vorteile zu verschaffen. 

Da es aktuell nur soziale Mindestanforderungen, die sogenannten Minimum Safeguards in Verbindung mit der ökologischen Taxonomie gibt, kommen soziale Aktivitäten zu kurz. Finanzmarktakteure können ihre Investitionen in soziale Projekte nicht als taxonomiekonform ausweisen. So werden Investitionen in soziale Projekte schlussendlich sogar verhindert. Eine soziale Taxonomie würde auch wichtige Ergänzungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen schaffen. Durch sie würden Unternehmen verpflichtend zu sozialen und menschenrechtlichen Indikatoren berichten. Die vereinheitlichten Kategorien erleichtern die Bewertung und sorgen damit für einen Schub von Investitionen in sozial-wirtschaftende Unternehmen. Zudem könnten Finanzmarktakteure mit den Daten der Unternehmen glaubwürdig ausweisen, zu welchem Anteil sie beispielsweise in nachhaltigen Fonds investiert sind. Diese Transparenz und Glaubwürdigkeit ist auch für Konsument:innen zentral, wenn sie entscheiden, ob und in welche (nachhaltige) Finanzprodukte sie investieren wollen. Wenn alle Instrumente gut ineinandergreifen, können Investitionen so einen wichtigen Beitrag zum nachhaltigen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft leisten.

Neue Impulse durch EU-Wahl

Die ökologische Taxonomie war in der ausklingenden Legislatur des Europäischen Parlaments ein wichtiges Projekt, um dazu beizutragen den Finanzsektor nachhaltiger auszurichten – dabei sollte es nicht bleiben. Nachhaltigkeit umfasst auch soziale und menschenrechtliche Aspekte, die adressiert werden müssen. Bei der EU-Wahl am 9. Juni 2024 steht viel auf dem Spiel, denn einige Kräfte im Europäischen Parlament wollen die Modernisierung und nachhaltige Ausrichtung wieder zurückdrehen, wie das Drama um das abgeschwächt beschlossene Lieferkettengesetz der EU zeigt. Zur Bekämpfung der sich zuspitzenden Klimakrise und der damit verbundenen nachhaltigen Veränderungen von Wirtschaft und Gesellschaft muss Europa jedoch weiter mutig vorangehen. Der Kurs für mehr (soziale) Nachhaltigkeit auf den Finanzmärkten muss fortgesetzt werden!

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