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Nachhaltige Entwicklung und Steuergerechtigkeit

Zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele fehlen jährlich vier Billionen US-Dollar. Gerechtere Steuern für 100 Großkonzerne und wenige Tausend Superreiche könnten zusammen die Hälfte davon aufbringen. Im August 2025 berät die UN erstmals darüber.

Von Gastbeiträge Politik am
Schattenfinanz statt nachhaltige Entwicklung

Schattenfinanz statt nachhaltige Entwicklung

Die Menschheit ist so reich wie noch nie. Jedes Jahr produziert sie Güter und Dienstleistungen im Wert von 100 Billionen US-Dollar – in lokaler Kaufkraft und inklusive der nicht monetären Werte sogar mehr als 200 Billionen US-Dollar. Gleichzeitig steht sie vor enormen Herausforderungen. Trotz des nie dagewesenen Wohlstands lebt etwa eine Milliarde Menschen in extremer Armut. Um zu verhindern, dass die globale Durchschnittstemperatur um mehr als 1,5 Grad steigt, bleiben nur noch wenige Jahre. Ohne zusätzliche Mittel sind die für 2030 vereinbarten Ziele für nachhaltige Entwicklung nicht mehr zu erreichen. Gerechte Steuern für große Konzerne und Milliardär*innen könnten einen wesentlichen Beitrag leisten, die für die Ziele nötigen Ausgaben zu finanzieren.

4 Billionen oder 4.000 Milliarden US-Dollar – Staatliche und private Zusatzausgaben in dieser Höhe sind nach aktuellen Schätzungen jedes Jahr nötig, um extreme Armut zu bekämpfen und die 2015 gesetzten Ziele für eine gesündere und nachhaltige Gesellschaft und mehr Gerechtigkeit weltweit zu erreichen. Die Beseitigung von Hunger würde, zusätzlich zu bestehenden Bemühungen, etwa 30 Milliarden pro Jahr kosten, der Kampf gegen extreme Armut etwa 80 Milliarden. Das klingt nach unvorstellbar viel. Dieser Blog zeigt, wie viel allein die gerechte Besteuerung von großen Konzernen und Milliardär*innen für eine nachhaltige Entwicklung einbringen könnte und welche Rolle die UN-Steuerrahmenkonvention dabei spielt.

Die größten und profitabelsten Konzerne zahlen die niedrigsten Steuern

1 Billion oder 1.000 Milliarden US-Dollar – So viel von ihrem Gewinn verschieben die größten und profitabelsten Konzerne dieser Welt jedes Jahr in Steueroasen. So entgehen sie einer gerechten Besteuerung in den Ländern, in denen sie die Gewinne erwirtschaften, und verschaffen sich einen unfairen Vorteil gegenüber lokalen Wettbewerbern. Mit fast 100 Milliarden US-Dollar übersteigen die Gewinne der größten Konzerne wie Microsoft oder Apple die Steuereinnahmen von Ländern wie Portugal oder Neuseeland. Dank ihrer enormen Marktmacht sind sie viel profitabler als ihre Konkurrenten. Eine Steuer, die die Gewinne der Großkonzerne auf ein übliches Maß senkt, brächte allein von Microsoft fast 70 Milliarden US-Dollar – mehr als doppelt so viel wie nötig, um den weltweiten Hunger zu beseitigen.

Milliardär*innen werden immer reicher, die Probleme immer größer

16 Billionen oder 16.000 Milliarden US-Dollar – So viel besitzen die reichsten 3.000 Menschen laut Forbes-Magazin, tatsächlich wahrscheinlich deutlich mehr. Das Vermögen von Elon Musk, dem aktuell reichsten Menschen der Welt, übersteigt 300 Milliarden US-Dollar. Damit kauft er sich so sichtbar wie wenige andere Einfluss auf die Politik und hat diesen auch dafür eingesetzt, USAID aufzulösen und somit die Essensrationen für die Ärmsten dieser Welt zu streichen. Das reichste Prozent der Erwachsenen der Welt – eine Gruppe von etwa 60 Millionen Millionär*innen – besitzt fast die Hälfte des globalen Vermögens und fast das gesamte Unternehmensvermögen.  Sie sind nicht nur die größten Profiteure des Wachstums, sondern profitieren in vielen Ländern von massiven Steuersenkungen für „Investoren“. Statt ihre Macht verantwortlich einzusetzen, verschärfen sie vielerorts bestehende Herausforderungen für Demokratie, Umwelt und die Menschen.

500 bis 1.000 Milliarden US-Dollar– So viel könnte eine weltweite Steuer von zwei bis drei Prozent auf Vermögen der Milliardär*innen und Multimillionär*innen jährlich einbringen. Weil deren Vermögen um fünf bis acht Prozent pro Jahr wachsen, würde die Steuer die Vermögen nicht mal verkleinern, sondern nur deren Wachstum bremsen.

Die Probleme sind menschengemacht

„Diejenigen, die an der Macht sind, arbeiten daran, ein System zu bewahren und aufrechtzuerhalten, welches die Wenigen auf Kosten der Mehrheit begünstigt. Nur wenn wir die bestehenden Machtstrukturen neu ausbalancieren und neue Allianzen schaffen, können wir einen transformativen Wandel erreichen.“ Das schreibt das UN Research Institut for Social Development 2022 im Bericht „Krisen der Ungleichheit“. Seitdem gibt es von verschiedenen Akteuren Reformversuche.

Die OECD – als Club der reichen Staaten: Olaf Scholz bezeichnete die Einigung der G7-Staaten 2021 als „Steuerrevolution“.  Sie bestand aus zwei Säulen: Der gerechteren Verteilung der Gewinne von einigen Großkonzernen und einer globalen Mindeststeuer von 15 Prozent. Diese Mindeststeuer ist in der EU und auch in vielen Steueroasen mittlerweile umgesetzt. Die USA dagegen halten sich nicht an die Abmachung, obwohl sie sie maßgeblich mitgeprägt haben. Die US-Konzerne werden deswegen wohl von der Mindeststeuer ausgenommen. Die gerechtere Verteilung der Gewinne rückt wieder in weite Ferne.

Gemeinsame Lösungen

Der „Financing for Development“-Gipfel der UN:Alle zehn Jahre treffen sich alle, die weltweit an der Finanzierung und Umsetzung nachhaltiger Entwicklung arbeiten, unter dem Dach der UN. Ende Juni 2025 war es wieder soweit. Das Abschlussdokument, „Compromiso de Sevilla“ enthält gerade zur Steuergerechtigkeit viele gute Forderungen, aber wenig Konkretes zur Schließung der Finanzierungslücke bis 2030. Dafür haben Spanien und Brasilien eine Koalition der Willigen ins Leben gerufen, die sich an der Umsetzung einer Milliardär*innensteuer versuchen will; erstes Ziel ist die nötige Datengrundlage zum Beispiel in einem Vermögensregister. Welche Erfolgsaussichten die Initiative hat, wird sich schon in den nächsten drei Monaten zeigen, in denen weitere Mitstreiter*innen gewonnen und regelmäßige Arbeitstreffen organisiert werden sollen.

Die UN-Steuerrahmenkonvention: Beim letzten Entwicklungsgipfel 2015 waren die Staaten aus dem Globalen Süden mit ihrer Forderung nach einer UN-Konvention zu Steuergerechtigkeit noch gescheitert. Ende 2023 haben sie sich in der UN-Generalversammlung per Mehrheitsentscheidung, gegen den Willen der USA und einiger anderer reicher Staaten, durchgesetzt. Die EU hat sich nach anfänglichem Widerstand immerhin enthalten. Nach einem Jahr organisatorischer Debatten starten Anfang August die Verhandlungen über die Inhalte. Die USA sind nicht mehr dabei – das heißt sie können das Ergebnis nicht schon von vorneherein verwässern.

Hoffentlich haben Deutschland und die anderen Staaten erkannt, dass sie ohne breite Allianzen erpressbar sind – durch die USA, Konzerne und Milliardär*innen – und nutzen die Chance, die die UN-Verhandlungen bieten. Gerechtere Steuern für die hundert größten und profitabelsten Konzerne und wenige Tausend Milliardär*innen könnten etwa die Hälfte aller Mittel aufbringen, die die Menschheit für nachhaltige Entwicklung braucht.

 

Mehr zum Zusammenhang zwischen nachhaltiger Entwicklung und Steuern findet sich in der kostenlos bestellbaren Broschüre des Netzwerk Steuergerechtigkeit zum Thema.

Ein Beitrag von Christoph Trautvetter, Koordinator und wissenschaftlicher Referent des Netzwerks Steuergerechtigkeit

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