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Globale Krisen – Globale Lösungen?

Ungleichheit und Ungerechtigkeit nehmen weltweit zu. Die internationale Staatengemeinschaft ringt unter dem Dach der Vereinten Nationen um Lösungen. Gerade ist die Vierte Internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (FfD4) in Sevilla zu Ende gegangen. Ein Rückblick auf die Ergebnisse und ein Ausblick auf weitere zentrale Prozesse in diesem Jahr.

Von Dr. Till Bender am
Die Zivilgesellschaft fordert die Besteuerung von Superreichen während der Vierten Internationalen Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Sevilla

Zivilgesellschaft fordert die Besteuerung von Superreichen während der 4. Internationalen Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Sevilla

In was für einer Welt leben wir eigentlich? Kriege und Konflikte, Hunger, Armut und die Klimakrise prägen unsere Gegenwart. Es ist eine Welt zunehmender Ungleichheit und Ungerechtigkeit; eine Welt, in der nationale Interessen viel zu oft das politische Handeln dominieren, obwohl doch einzig und allein multilaterales Handeln einen Weg aus der Krise weisen kann.

Mehr als 1,1 Milliarden Menschen leben laut Multidimensional Poverty Index (MPI) in extremer Armut auf der Welt, rund 120 Millionen Menschen sind gezwungen, vor Kriegen, Konflikten, Verfolgung oder Katastrophen zu fliehen. Die nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs), mit denen die Weltgemeinschaft bis 2030 eine gerechtere und nachhaltigere Welt schaffen möchte, sind nur zu 17 Prozent auf Kurs. Schätzungen zufolge fehlen jährlich rund vier Billionen US-Dollar, um die SDGs zu erreichen. 3,4 Milliarden Menschen leben in Ländern, die mehr Geld für Schuldendienst als für Gesundheit oder Bildung aufwenden. Hinzu kommt, dass Steuervermeidung und irreguläre Finanzflüsse vielen armen Ländern dringend benötigte Staatseinnahmen entziehen. Geld, das für Investitionen in Gesundheitsversorgung, Bildung, soziale Sicherung und klimagerechte Infrastruktur fehlt.

Globale Ungerechtigkeit

Gleichzeitig wächst der Reichtum einiger weniger ins Unermessliche. Und als ob das nicht schlimm genug wäre, beschließen viele wohlhabende Staaten, allen voran die USA, drastische Kürzungen in der Entwicklungsfinanzierung, mit gravierenden Folgen für Humanitäre Hilfe, Bildungsprojekte und Gesundheitsversorgung. Nur vier Länder (Norwegen, Luxemburg, Schweden und Dänemark) haben 2024 laut OECD ihre internationalen Verpflichtungen eingehalten.

Diese Entwicklungen erscheinen besonders bitter, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass die Vereinten Nationen in diesem Jahr ihr 80-jähriges Bestehen feiern. Gegründet wurden sie nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Ziel, Frieden, Entwicklung, Freiheit und Menschenrechte zu fördern. Heute jedoch steckt die UNO in einer tiefen Legitimationskrise: Finanzielle Engpässe, strukturelle Defizite und politische Blockaden erschweren ihre Arbeit massiv. Mit der „UN80-Initiative“ hat UNO-Generalsekretär António Guterres einen Reformprozess angestoßen. Doch ob dieser tatsächlich die nötige Wirkung entfalten kann, bleibt abzuwarten.

Internationale Verhandlungen für mehr globale Gerechtigkeit

„Wir bewegen uns in einer Welt, in der das Vertrauen bröckelt und in der der Multilateralismus auf eine harte Probe gestellt wird“, so António Guterres in Sevilla. Das Jahr 2025 bietet der Weltgemeinschaft Gelegenheit, ihren Willen zu echter Veränderung zu beweisen.

1. Entwicklungsfinanzierung

Den Anfang machte die 4. Internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung  (FfD4) vom 30. Juni bis 3. Juli in Sevilla. Im Zentrum stand ein neuer globaler Finanzrahmen zur Umsetzung der Agenda 2030. Der „Compromiso de Sevilla“ enthält wichtige Punkte: Die Staaten bekräftigen das Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden. Sie einigten sich auch darauf, einen UN-Prozess zur Reform der Schuldenarchitektur zu initiieren. Die Besteuerung von Superreichen wird im Abschlusstext angesprochen – Spanien und Brasilien stellten dazu eine neue Initiative vor. Dennoch bleiben die Beschlüsse weit hinter den Erfordernissen zurück und die Umsetzungspläne insgesamt vage. Im Ergebnis wird die Finanzierungslücke nicht kleiner und die massive Schuldenkrise im Globalen Süden nicht gelöst. Eine vertane Chance also, die uns den Zielen der Agenda 2030 nicht näherbringt.

2. Umsetzung der Agenda 2030

Um diese Themen wird es auch beim Hochrangigen Politischen Forum für nachhaltige Entwicklung (HLPF) vom 14. bis 24. Juli 2025 in New York gehen. Dort soll geprüft werden, wie weit die Agenda 2030 bereits umgesetzt wurde.

3. Internationale Steuerkooperation

Im Abschlussdokument von Sevilla verständigten sich die Staaten zudem darauf, die Verhandlungen zu einem UN-Rahmenübereinkommen über internationale Steuerkooperation (UN Framework Convention on International Tax Cooperation),  konstruktiv zu begleiten. Ziel ist eine gerechtere, effektive internationale Steuerordnung, fernab exklusiver Foren wie der OECD, in denen Länder des Globalen Südens nur begrenzt mitbestimmen können und wo oftmals Regeln erarbeitet werden, die den Interessen des Globalen Nordens und großer Konzerne dienen. Im August gehen die Verhandlungen in New York in die nächste Runde.

4. Soziale Entwicklung

Die wachsenden globalen Ungleichheiten werden auch beim Second World Summit for Social Development vom 4. bis 6. November 2025 in Doha, Katar, eine entscheidende Rolle spielen. Der Gipfel knüpft an das wegweisende Treffen von Kopenhagen 1995 an, dessen Kernziele – Armutsbekämpfung, Förderung von Vollbeschäftigung und menschenwürdiger Arbeit, soziale Sicherung, Geschlechtergerechtigkeit sowie soziale Inklusion – erneuert werden sollen.

5. Internationale Klimapolitik

Und schließlich wird auch auf der kommenden Klimakonferenz COP30 vom 10. bis 21. November 2025 in Belém, Brasilien, die Frage der globalen Gerechtigkeit zentral sein, besonders mit Blick auf die Klimafinanzierung. Überlegungen zu neuen, innovativen Einnahmequellen gab es in Sevilla.

Deutschland als verlässlicher Partner?

Die Bundesregierung formuliert im Koalitionsvertrag den Willen, Verantwortung zu übernehmen, multilaterale Strukturen, allen voran die Vereinten Nationen, zu stärken und sich für Menschenrechte, die Bekämpfung von Armut, Hunger und Ungleichheit, die Erreichung der Agenda 2030 und des Pariser Klimaschutzabkommens einzusetzen. Doch gleichzeitig sollen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und freiwillige Beiträge an internationale Organisationen gekürzt werden – ein schwer verständlicher Widerspruch. Das 0,7 Prozent-Ziel für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit rückt in weite Ferne. Dabei sind Humanitäre Hilfe, Armutsbekämpfung und Klimaschutz keine entbehrlichen Ausgaben, sondern elementar für eine vorausschauende Friedenspolitik. Die Bundesregierung steht in der Pflicht: In Sevilla hat sie betont, eine Führungsrolle übernehmen zu wollen und sich unter anderem für Steuergerechtigkeit und eine UN-Steuerrahmenkonvention ausgesprochen. Diesen Worten müssen Taten folgen.

Die internationalen Konferenzen unter dem Dach der Vereinten Nationen in diesem Jahr sind wichtige, wenn nicht einmalige Gelegenheiten – doch sie allein sind kein Beleg für funktionierenden Multilateralismus. Entscheidend sind konkrete Handlungen. Und die Frage: In was für einer Welt wollen wir eigentlich leben?

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