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Ozeanerwärmung zerstört Fischgründe

Die Bremer NRO „Fair-Oceans“ und Brot für die Welt haben eine neue Studie zu Ursachen und Wirkungen der Klimaveränderungen in den Ozeanen vorgelegt. Küstengemeinden in tropischen Ländern drohen demnach erhebliche Einkommensverluste in der handwerklichen Fischerei und ärmere Menschen könnten sich Fisch bald nicht mehr leisten, der wertvolle Proteine liefert.

Von Francisco Marí am
Klimawandel und Fischerei

Auf einer Weserrundfahrt am 1. Oktober 2021 mit dem Motorschiff „Friedrich“ aus Bremen konnten die beiden Organisationen zum ersten Mal seit fast zwei Jahren wieder Publikum begrüßen und mit ihnen die Ergebnisse dieser neuen Studie über die negativen Folgen des Klimawandels für die Meere diskutieren.

Kleinfischerei sichert gesunde Nahrung für Millionen Menschen

Francisco Mari leitete die Vorstellung der Studie mit einer Ausführung dazu ein, wie der handwerkliche Fischereisektor im Globalen Süden schon jetzt vielen wirtschaftlichen und ökologischen Stressfaktoren ausgesetzt ist. Die Hauptgefahr für den Fangsektor und die Grundernährung von Millionen Menschen ist nach wie vor die weiter zunehmende Überfischung von für sie wichtigen küstennahen Fischgründen mit proteinreichen Arten. Dafür sind in erster Linie industrielle Fangschiffe verantwortlich, die mit dubiosen Lizenzen oder sogar illegal teuren Wildfisch jagen und dabei große Mengen Beifang über Bord werfen oder die Meeresböden umpflügen. Gleichzeitig ist im Globalen Süden Fisch oftmals die primäre Proteinquelle, zum Beispiel in den Inselstaaten Ozeaniens, in Südostasien oder in Westafrika. Weltweit liefern Fisch und Meeresfrüchte 17 Prozent aller tierischen Proteine. Zudem ist der Fischereisektor mit über 200 Millionen Beschäftigten eine wichtige Einkommensquelle, besonders in der handwerklichen Fischerei. Über die Hälfte davon sind Frauen in Fischverarbeitung und Handel.

Die Klimakatastrophe zerstört die Meeresökologie

In einem zweiten Teil präsentierte Kai Kaschinski von „Fair-Oceans“ dann die Ergebnisse der Studie. Der Klimawandel und seine Auswirkungen verändern auf sehr spezifische Weise die Ökosysteme der Ozeane weltweit. Faktoren für diese Prozesse sind steigende Wassertemperaturen, Extremwetterereignisse, Sauerstoffmangel sowie ein Anstieg des Meeresspiegels. Hinzu kommen die vermehrte Aufnahme von Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Atmosphäre und die daraus resultierende Versauerung des Meerwassers sowie Veränderungen von Meeresströmungen, Windsystemen und Mikroklimata. All diese durch den Klimawandel bedingten Veränderungen der Ozeane und Meere haben auch Auswirkungen auf die marine Ökologie, die Fischbestände und damit auf die globale Ernährungssicherheit. Ozeanversauerung und Meeresspiegelanstieg verursachen jetzt schon erhebliche Schäden. Sichtbar zum Beispiel an den Missbildungen bei Schalentieren und – besonders deutliche – am Ausbleichen und Absterben der Korallenriffe, die für viele Fangarten wichtige, weil geschützte Aufzuchtgebiete darstellen. Auch andere sensible Ökosysteme wie Mangrovenwälder und Seegraswiesen, wichtig für den Küstenschutz und Artenvielfalt, sind bereits stark geschädigt.

Tropische Regionen in Asien und Westafrika in der maritimen Klimakrise

Viele der oben beschriebenen Faktoren verstärken sich dabei gegenseitig. Allerdings sind die Auswirkungen global unterschiedlich verteilt. Regionen in den Tropen, zum Beispiel in Südostasien oder Westafrika, sind momentan am meisten durch den marinen Klimawandel gefährdet. Diese Regionen haben kaum zu den Ursachen des Klimawandels beigetragen. Die Belastung der Fischbestände und die Überschwemmung von küstennahen Dörfern sind spürbare soziale Folgen, die heute schon Armut und Ernährungsunsicherheit verstärken.

Wohin, wenn Land, Strand und Fische verschwinden?

In einem dritten Teil der Veranstaltung wurde dann als Einleitung zur Diskussion ein Fokus auf die konkrete Situation im Fischereisektor in Westafrika gelegt. Entlang der ungeschützten flachen Küstenlinien verschwinden durch häufigere und höhere Fluten infolge der Klimaextreme jährlich die strandnächsten Fischerhütten, ohne dass es Platz gäbe auszuweichen. Denn aufgrund der zunehmenden industriellen Landnutzung, dem Ausbau der Containerhäfen, Tourismuszentren und Küstenstraßen verliert die Kleinfischerei ihre Anlandungsstellen und Frauen ihre Flächen für Fischverarbeitung und -märkte. Wenn der handwerkliche Fischereisektor in der Konsequenz von einem schmalen Küstenstreifen immer schmaleren Küstenstreifen aus betrieben werden muss, so verschwinden mit ihm auch die Küstendörfer und damit Existenzen und die Ernährungsgrundlage der Menschen.

Nordseefischerei profitiert kurzfristig von Meereserwärmung

Ein Aspekt, der in der nachfolgenden Diskussion aufgegriffen wurde, war die Frage, wie die Verbreitung der Fischbestände sich verändern wird infolge des Temperaturanstiegs und des Verschwindens der Ökosysteme vor den Küsten. Kai Kaschinski berichtete von neueren Forschungen und ihrer Beobachtung, dass zunehmend Fischschwärme von Arten, die zur Nahrungssicherheit in Westafrika dienen wie Sardinen und Makrelen in kühlere Ozeanregionen auswandern. Aus dem Ostatlantik in Richtung Nordsee, das ist zunehmend Realität. Schon jetzt freuen sich Fischer in Schottland und Norwegen und in der EU streitet man sich um neue Fangquoten.

Diese Entwicklung machte die Teilnehmenden fassungslos. Industriestaaten im Norden, die die Klimakatastrophe verursacht haben, könnten nun zumindest für einige Jahrzehnte beim Fischfang von den Klimaveränderungen profitieren, während in tropischen Ländern die Armut und der Mangel an Fisch steigen.

Eine weitere spannende Zuspitzung war das Gedankenspiel, wie denn an der deutschen Küste eine Antwort auf einen Verlust von Land vor den Deichen aussehen würde. Würden dann Deiche, Dörfer, Städte und Häfen 20 Kilometer landeinwärts neu errichtet werden? So könnte dem Wattenmeer, das durch den Meeresanstieg verschwinden würde, Raum zum Rückzug gegeben werden. Wäre für so etwas der politische Wille da? Wird so etwas überhaupt diskutiert?

Entwicklungsländern wird so etwas als Klimaanpassung vorgeschlagen und wurde etwa nach dem Tsunami 2005 bereits praktiziert. Die Fischergemeinden verloren dadurch den direkten Zugang zum Meer für ihre Boote. Stattdessen wurden ausländischen Investoren Strandgebiete für Tourismusanlagen angedient. „Schöne Aussichten“ für den Fischereisektor. Dann werden auch in Afrika Fischerdörfer und Ihre Fangboote zu Museumsstücken, wie vieles, was an Nord- und Ostsee nach Fischerei aussieht.

Verursacher müssen für Klimafolgen zahlen

Abschließend stellten beide Referenten Forderungen vor, die sie zusammen mit den Partnerorganisationen in Afrika und Asien in die Klima- Meeres- und Fischereipolitiken einbringen wollen, um dem handwerklichen Fischereisektor eine Zukunft zu sichern. Dazu gehören auch Forderungen nach finanzieller Kompensation für verlorene Fischgründe, für den Aufbau alternativer Einkommensbereiche, für neue Boote, die auch weiter entfernt vor der Küste sicher auf Fangfahrt gehen können. Zudem werden Anlandequoten und Anlandepflichten für industrielle Fangboote gefordert, damit Frauen ausreichend Fisch zur Verarbeitung haben und ihn günstig an die Bevölkerung verkaufen können.

Das ist nicht nur eine moralische Verpflichtung der Industrieländer, dazu haben sie sich im Pariser Klimaabkommen verpflichtet, in dem sie zusagten für „Schäden und Verluste“ die sie durch die Klimakatastrophe verursacht haben, aufzukommen. Bisher gibt es dafür aber nicht einmal einen Entschädigungsfonds, anders als für Anpassungsmaßnahmen. Ebenso müssten die EU und andere Nordseeanrainer beginnen für die ausgewanderten Fischwärme aus Westafrika Entschädigung zu zahlen.

Im Schlusswort betonten Brot für die Welt und Fair Oceans, dass sie hoffen, die vorgestellte Studie trage dazu bei die Folgen der Klimakatastrophe für den Fischfang als Nahrungs- und Einkommensquelle stärker in den Fokus zu rücken bei entwicklungs- und klimapolitischen Diskussionen und Entscheidungen, insbesondere bei den UN-Klimaverhandlungen. Dafür war der Abend ein gelungener Anfang.

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Lachender Junge

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