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Kleine Hoffnungsschimmer trotz widriger Umstände

Menschen, insbesondere aus anderen afrikanischen Ländern, die aus verschiedensten Gründen nach Südafrika zugewandert sind, leben meist am Rand einer bereits stark gespaltenen Gesellschaft. Durch die strikten staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 hat sich die prekäre Situation dieser Menschen deutlich verschärft.

Von Uta Hergenröther am

Kleine Hoffnungsschimmer trotz widriger Umstände – Partner von Brot für die Welt im Einsatz mit "People on the Move" in Südafrika

Menschen, insbesondere aus anderen afrikanischen Ländern, die aus verschiedensten Gründen nach Südafrika zugewandert sind, leben meist am Rand einer bereits stark gespaltenen Gesellschaft. Durch die strikten staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 hat sich die prekäre Situation dieser Menschen deutlichverschärft. Eine aktuelle Studie sowie einanstehendes Webinar geben Aufschluss über die Lebensverhältnisse und Herausforderungen und zeigen, wie sich Partner von Brot für die Welt dem Thema und dieser Bevölkerungsgruppe widmen.

In Zeiten von Covid-19 wurden auch in Südafrika staatliche Unterstützungsprogramme für die Abmilderung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns aufgelegt. Es gibt zum Beispiel Kurzarbeitsmöglichkeiten mit Unterstützung durch den Staat sowie soziale Zuschüsse – auch wenn diese sich im Vergleich zu Deutschland auf einem anderen monetären Niveau befinden. Doch, so schien es zu Beginn der Ausgangssperre im März, sollten diese staatlichen Hilfsleistungen nicht allen in Südafrika lebenden Menschen zugutekommen. Denn vor laufenden Kameras erklärte die Ministerin für klein- und mittelständische Unternehmen, Khumbudzo Ntshaveni, dass nur diejenigen kleinen Läden (Spaza-Shops) geöffnet werden und auf die staatlichen Unterstützungssysteme zugreifen dürften, die Südafrikaner*innen gehörten, von Südafrikaner*innen geführt würden und südafrikanische Angestellte hätten. Dies wurde unter anderem mit der Qualitätssicherung von Nahrungsmitteln für die Bevölkerung begründet (eNCA news 24.03.2020 siehe https://www.youtube.com/watch?v=CQ92M2puQ3Y). Spaza-Shops sind „Tante Emma Läden“, die v.a. in südafrikanischen Townships die lokale Bevölkerung mit den nötigsten Alltagsdingen und insbesondere Nahrungsmitteln versorgen.

Nach Kritik seitens der Politik und Öffentlichkeit wurde dieses Statement zurückgenommen. Es wurde ergänzt, dass das temporäre Unterstützungssystem für Arbeitgeber*innen und Angestellte nun auch für nicht-Südafrikaner*innen gilt, so lange sie legale Dokumente besitzen und legal angestellt sind. Dies mag zwar wie eine Rücknahme des Statements klingen, ist aber in der Realität weiterhin ein Ausschlusskriterium für viele „People on the Move“ (Migrant*innen, Geflüchtete, Asylsuchende und papierlose Menschen), da die Beschaffung legaler Dokumente für die meisten eine nahezu unüberwindbare Hürde darstellt. Rund einen Monat später blies der Finanzminister, Tito Mboweni, ins gleiche Horn, als er seine Vorstellung von einer post-COVID-19 Wirtschaft präsentierte (SABC news 25.04.2020 siehe https://www.sabcnews.com/sabcnews/live-finance-minister-mboweni-briefing/).

Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verschärfen die Not der „People on the Move“

Diese und weitere Äußerungen durch öffentliche Personen verstärken nicht nur Vorurteile und xenophobe Ressentiments in der bereits tief gespaltenen südafrikanischen Gesellschaft gegen People on the Move (der Begriff „xenophob“ wurde hier bewusst gewählt, da „rassistisch“ im südafrikanischen Kontext gesellschaftlich anders verwendet wird, er ist in keiner Weise relativierend gemeint). Sie führten zum Beispiel auch dazu, dass in einigen Townships bewaffnete Polizist*innen Spaza Shops mit Gewalt schlossen, doch die Ladenbesitzer*innen wurden von der lokalen Bevölkerung unter Druck gesetzt, ihre Läden weiterhin zu öffnen. Dies taten viele, aus Angst, dass ihre Läden sonst gewaltsam geplündert werden. Gleichzeitig wurde ihre Situation dadurch gegenüber den nationalen Sicherheitskräften jedoch noch weitaus prekärer.

Darüber hinaus gibt es Berichte über die Abweisung von migrantischen Obdachlosen bei Behelfsunterkünften sowie über die desaströse Situation von migrantischen Farm-und Minenarbeitenden. Diese sind, wie viele andere migrantische Arbeitskräfte in anderen Bereichen, meist in ungesicherten Arbeitsverhältnissen angestellt. Viele haben aufgrund der langen Ausgangssperre ihre Arbeit verloren. Zudem haben sie keinen uneingeschränkten Zugang zu Unterstützungsmaßnahmen oder Gesundheitseinrichtungen und sind von Hunger und Vertreibung bedroht. Viele von ihnen leben in Massenunterkünften oder dichtgedrängten Townships, wo der Zugang zu Wasser zum regelmäßigen Händewaschen sowie physische Distanzeinhaltung schwierig sind. Die Durchführung von Corona-Tests ist ebenfalls nicht möglich für diese Bevölkerungsgruppe, da die Labore eine südafrikanische Ausweis- oder Passnummer verlangen. (Daily Maverick 29.04.2020, siehe https://www.dailymaverick.co.za/article/2020-04-29-covid-19-is-not-a-reason-to-hunt-down-illegal-immigrants/). Auch trägt die Militarisierung der Sicherheitsvorkehrungen dazu bei, dass nicht registrierte People on the Move davor zurückschrecken, sich bei Krankheitssymptomen in Gesundheitseinrichtungen zu melden, da sie ein Aufgreifen durch Sicherheitskräfte befürchten.

Rahmenbedingungen der Migration in und nach Südafrika

Die skizzierten Äußerungen und Entwicklungen sind jedoch nicht nur der aktuellen Situation zuzuschreiben. Insgesamt spielt das Thema Migration und Zuwanderung nach Südafrika, insbesondere aus den Nachbarländern, aber auch aus DR Kongo, Äthiopien, Somalia und anderen afrikanischen Ländern eine wichtige Rolle. Die Rahmenbedingungen für People on the Move in Südafrika scheinen auf den ersten Blick geradezu ideal: Die sehr fortschrittliche Verfassung des Landes von 1996 räumt jeder auf südafrikanischem Territorium befindlichen Person den Zugang zu Arbeit, Bildung, Gesundheitsdienstleistungen ein und es wird (noch) eine no-Camp Policy verfolgt, das heißt, Menschen können sich frei im Land bewegen, eine Arbeit aufnehmen und ihren Lebensunterhalt verdienen. Zwischen dem rechtlichen Rahmen und der praktischen Umsetzung dieser Rechte besteht jedoch eine erhebliche Diskrepanz.

People on the Move erfahren auf vielfältigen Ebenen Diskriminierung und haben nur sehr schwer Zugang zu diesen rechtlich verbrieften Basisdienstleistungen. Dies bestätigten Partnerorganisationen von Brot für die Welt aus Südafrika, Simbabwe und Mosambik in einem Austauschtreffen im vergangenen Jahr aufgrund ihrer Erfahrungen im eigenen Arbeitskontext. Insbesondere die Beantragung und der Erhalt von Aufenthaltspapieren ist extrem zeitaufwendig und zieht sich in den allermeisten Fällen über mehrere Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. In dieser Zeit sind die Menschen formal nicht abgesichert und werden in ausbeuterische Verhältnisse gedrängt. Zivilgesellschaftliche Organisationen vor Ort, mit denen Brot für die Welt gemeinsame Projekte durchführt, bieten Rechts- und Sozialberatung, psychosoziale Unterstützung, versuchen durch Lobbyarbeit auf die Situation aufmerksam zu machen und solidarisieren sich mit den Betroffenen.

Grundsätzlich ist jedoch auch in Südafrika, dem allgemeinen internationalen Trend folgend, eine zunehmende Abschottung und Einschränkung der Rechte von People on the Move zu beobachten, wie aus den eingangs beschriebenen Beispielen hervorgeht. Auch in der südafrikanischen Gesellschaft ist eine Zunahme an xenophoben Verhaltensweisen gegenüber People on the Move bis hin zu gewaltsamen Übergriffen zu verzeichnen.

Ganz aktuell: Veröffentlichung einer Studiezur Arbeit der Partnervon Brotfür die Welt mit People on the Move in Südafrika

Um die Ansätze der Partner vor Ort in der Arbeit mit People on the Move sowie die damit einhergehenden Herausforderungen konkret herauszuarbeiten, wurde eine Studie mit dem African Centre for Migration and Society (ACMS) der Wits Universität in Johannesburg verfasst. Diese wurde nun unter dem Titel „Hollow Victories and Little Pockets of Hope. The Challenges Facing Organisations Working With People on The Move in South Africa“ veröffentlicht. Es kommen zivilgesellschaftliche Organisationen zu Wort und beschreiben Strategien, „dicke Bretter, die zu durchbohren sind“ und Hürden in ihrem Einsatz mit People on the Move in Südafrika. Zudem zeigt die Studie beispielhafte Parallelen xenophober und restriktiver Tendenzen in Deutschland und Südafrika bezüglich Migration auf und wirft so ein Schlaglicht auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Länder.

Im Rahmen eines Online Seminars  am 19.6.20 von 10 bis ca. 12:30 Uhr wurden die Inhalte der Studie durch die Autorinnen vorgestellt. Partnerorganisationen schilderten ihre Erfahrungswerte und nahmen Bezug auf die Auswirkungen der aktuellen Situation unter COVID 19, die, wie oben beschrieben, insbesondere die Lage von People on the Move maßgeblich verschärft. In der anschließenden Diskussion wurde die Möglichkeit genutzt, in einen gemeinsamen Austausch zu treten und dabei Brücken aus der Süd-Perspektive in die hiesige Gesellschaft zu schlagen.

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