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Covid 19 Krise: Fischmangel trotz Fangsaison

Die Preise für Fisch steigen überall an den afrikanischen Küsten. Fischer dürfen wegen Abstandsregeln nicht auf ihre Boote, Frauen dürfen nicht in die Häfen um wenigstens den Beifang der Industrieboote zu verarbeiten. Der Bevölkerung fehlt die günstige proteinreiche Nahrung. Langzeitschäden für den ganzen Sektor sind zu befürchten. Aber die Frauenkooperativen in Abidjan wehren sich erfolgreich!

Von Francisco Marí am
Fischverkauf am Hafen in Abidjan/Cote d'Ivoire

In vielen Ländern des Globalen Südens sind die Beschränkungen aufgrund der Covid-19-Pandemie weitreichender als in Deutschland. Die negativen Wirkungen auf das soziale Leben und die Ernährung oder Gesundheit sind es leider auch. Aufgrund sehr schlechter Gesundheitssysteme versuchen Regierungen rigoros die Ansteckungsraten so niedrig wie möglich zu halten. Also haben auch afrikanische Länder überall die bekannten Maßnahmen ergriffen: Ausgangssperren, Abstandsgebote und das Schließen traditioneller Märkte. So zum Beispiel in dem westafrikanischen Land Cote d’Ivoire (vormals Elfenbeinküste). Aber wie bei uns sind die angeordneten Maßnahmen für einige Wirtschaftszweige sehr schwierig umzusetzen und haben sehr negative Wirkungen auf die Beschäftigten. Ein Sektor an den Küsten der Entwicklungsländer leidet besonders darunter:  die handwerkliche Fischerei. Fischer, die volle Fangnetze in ihre engen Boote raufholen, tun dies Schulter an Schulter mit Muskelkraft. Da kann kein Abstand eingehalten oder vorher auf den Virus getestet werden. Die Maßnahmen stellen aber auch für die Frauen in der handwerklichen Fischerei eine große Belastung dar.

"Wenn wir für die handwerklichen Fischer und uns Verarbeiterinnen nicht bald Unterstützung bekommen, wird der gesamte Sektor schrumpfen", warnt Micheline Dion. Sie vertritt den Verband von 14 Frauenkooperativen (USCOFEP-CI) aus ganz Côte d'Ivoire, die sich zusammengetan haben, um die Situation der Frauen im Fischereisektor zu verbessern. "Unsere Schwierigkeiten“, sagt die Aktivistin, „könnten sich langfristig auf die Ernährungssicherheit des ganzen Landes auswirken". Die Frauenkooperativen von USCOFEP-CI haben nun einen Aktionsplan vorgelegt, der sicherstellen soll, dass die Frauen in der Fischerei ihrer Beschäftigung unter sicheren Bedingungen weiter nachgehen können, nicht zuletzt „damit für ihre Familien, aber auch für die ivorische Bevölkerung ausreichend Lebensmittel auf den Teller kommen“, so Micheline Dion. Sie ist auch im Vorstand von CAOPA, dem Verband der afrikanischen Verbände der Kleinfischerei und Partnerorganisation von Brot für die Welt. Micheline vertritt bei CAOPA die Interessen der afrikanischen Frauen im Fischereisektor.

Covid-19 Maßnahmen beschränken Zugang, Verarbeitung und Handel mit Fisch

Die Schwierigkeiten beginnen jetzt bereits am Hafen. Um Zusammenkünfte von vielen Menschen zu verhindern, wird der öffentliche Zugang zum Hafen stark reguliert. Die Frauen können nur noch alle vierzehn Tage dort Fisch einkaufen, den sie dann weiterverarbeiten und oder selbst auf den Märkten vor Ort anbieten. Sie können es sich nicht leisten, Fisch in großen Mengen zu kaufen, den sie benötigen würden, um den Verarbeitungsprozess zwei Wochen lang aufrechtzuerhalten. Auch besteht das Risiko, dass Fischvorräte verderben, weil die Kühllagerung unzureichend ist. Die Schließung einiger Märkte und Restaurants macht die Sache noch dazu kompliziert. Immer weniger Gäste besuchen die "garbadrômes", die Restaurants, die den beliebten verarbeiteten Thunfisch "garba" servieren. Der Thunfisch bleibt liegen und landet letztlich im Abfall. Die Frauen von USCOFEP-CI schlagen vor: "Wenn die Regierung den Kooperativen einen Kühlwagen zur Verfügung stellen könnte oder wenn sie das verarbeitete Produkt kaufen und an Bedürftige verteilen würde...", dies ist eine Forderung, die zum Beispiel auch Fischverarbeiterinnen im Senegal, gestellt haben. Schlimmer noch:

Ohne Einnahmen können Frauen den Fischern das Benzin für die Ausfahrt nicht vorlegen

Aufgrund der finanziellen Einbußen können die Frauen, die die Ausfahrt der Fischer oftmals vorfinanzieren, auch den Treibstoff für die Pirogen nicht mehr bezahlen. Nun mangelt es bereits am Benzin für die Außenbordmotoren. Deshalb müssen viele Fischer trotz inzwischen gelockerter Ausgangssperre an Land bleiben. Infolgedessen steht immer weniger Fisch zum Verkauf und es entspinnt sich ein sich selbstverstärkender Kreislauf. Auch mangelt es oft am Notwendigsten, um die Hygieneauflagen zur Eindämmung der Epidemie an Bord der Schiffe, an den Anlandungsstellen, Verarbeitungsstätten und Märkten zu erfüllen. Deshalb haben die Berufsverbände der handwerklichen Fischerei vielerorts die Initiative ergriffen und versuchen mit ihren begrenzten Mitteln die Situation zu verbessern. Für die Frauen ist Prävention hierbei von zentraler Bedeutung. Deshalb haben sie Ende März begonnen an Anlandungsstellen die Menschen darauf hinzuweisen, Distanz untereinander zu wahren und Hygienemaßnahmen zu respektieren. "Wir sensibilisieren, damit sich die Menschen beim Betreten des Marktes die Hände waschen und Handschuhe tragen". Für die Fischverarbeiterinnen in Abidjan zeigt die aktuelle Gesundheitskrise in grundsätzlicher Weise den Mangel an menschenwürdigen Arbeits- und Gesundheitsbedingungen in der handwerklichen Fischerei. Sie betrachten die Covid-19-Pandemie so auch als eine Chance, Reformen durchzusetzen.

Appell an EU und Regierung - Pandemie als Chance für Reformen

USCOFEPCI appelliert an die Regierung und an die Partner des Landes in der Fischereiwirtschaft, insbesondere an die Europäische Union: "Wir haben uns für das nachhaltige EU Fischereiabkommen unseres Landes zugunsten von EU Thunfischtrawlern ausgesprochen", sagt Micheline Dion, "weil wir bei den Verhandlungen einbezogen wurden, sie transparent sind und die EU Schiffe gezwungen werden den Thunfisch für unsere Dosenfabriken anzulanden. Von den Fanggebühren, die die EU an unsere Regierung zahlt sollen wir Unterstützung für unsere Fischverarbeitungsstellen erhalten. Der wichtigste Fortschritt ist aber, dass wir Frauen nun direkt von den EU Schiffen ihren Beifang oder Thunfisch, der nicht eingedost werden kann "Faux-thon" erhalten."  Doch im Moment sind alle diese für die Frauen wichtigen Maßnahmen ausgesetzt. „Angesichts der Krise, die wir erleben, darf sich die EU gerade jetzt nicht zurücklehnen und schweigen. Sie muss die ivorische Regierung und die EU Fischindustrie an ihre Verpflichtungen erinnern." so Micheline Dion abschließend.

Auch die FAO warnt aufgrund des Corona-Szenarios vor „schädlichen Auswirkungen auf den Lebensunterhalt von Fischern und Fischzüchtern sowie auf die Ernährungssicherheit von Bevölkerungsgruppen, die in hohem Maße auf Fisch angewiesen sind, wenn es um tierisches Protein und notwendige Mikronährstoffe geht.“ In einem im April veröffentlichten Papier gibt die Welternährungsorganisation einen Überblick über die aktuellen Herausforderungen und schlägt Programme zum Schutz der Fischereisektors und des Einkommens insgesamt sowie der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen vor. Des Weiteren fordert die FAO, dass die Versorgungsketten aufrechterhalten werden müssen, um die Ernährungssicherheit dauerhaft zu gewährleisten. Brot für die Welt und Fair Oceans unterstützen diese Forderungen der FAO wie auch die Anliegen der Frauen in der USCOFEP-CI ausdrücklich.

Aus einem Bericht von Cornelia Wilß für Brot für die Welt und Fair Oceans im Juni 2020

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