Mittlerweile ist das eingetreten, was von vielen Menschenrechtsorganisationen befürchtet wurde: die reichen Länder des globalen Nordens schotten sich ab, die Bekämpfung des Corona-Virus wird als Vorwand genutzt, Hilfe für Geflüchtete und Migrant_innen zu unterlassen. Es sei denn, sie gehören zu den derzeit benötigten Arbeitskräften wie Gesundheitsdienstleister_innen oder nun auch Erntehelfer_innen. Für letztere Personengruppe wurde nun angesichts des Mangels an Saisonarbeiter_innen das Einreiseverbot gelockert. Schutzsuchende können mit derartigen Bemühungen aber nicht rechnen: Zu Ostern mussten mindestens fünf Menschen auf einem Boot sterben, weil Malta und Italien die Häfen aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen halten. Auch Personen mit UNHCR-Flüchtlingsstatus, etwa aus libyschen, libanesischen, jordanischen oder ägyptischen Lagern, die im Rahmen des Resettlement-Programms nach Deutschland kommen sollten, werden derzeit keine Aufnahme in Europa finden. Das Resettlement-Programm sah die humanitäre Aufnahme von 5000 Flüchtlingen noch in diesem Jahr vor – wurde nun jedoch bis auf weiteres ausgesetzt. Dabei sind viele dieser Geflüchtete besonders anfällig für Erkrankungen, weil sie von Folter, Gewalt und den Folgen fehlender Grundversorgung massiv geschwächt sind.
Aufnahme von 47 Geflüchteten aus Griechenland viel zu wenig
Auch die über 40.000 Geflüchteten auf den griechischen Inseln warten vergebens auf Schutz. Zwar sind nun 47 unbegleitete minderjährige Geflüchtete in Niedersachsen angekommen, von einer ernsthaften Bemühung, Schutzsuchende aus humanitären Krisen zu retten, ist man bei dieser Anzahl aber weit entfernt. Daran ändert auch die Absicht nichts, weitere 350 unbegleitete Minderjährige aufzunehmen, europaweit hat man sich mit der „Koalition der Willigen“ auf eine Aufnahme von insgesamt 1600 Personen geeinigt. Außer Luxemburg und Deutschland ist noch keine weitere Aufnahme in Sicht. Es wäre entlarvend, wenn die anderen EU-Länder nicht zu ihrem Wort stehen. Auch Deutschland muss jetzt baldmöglichst die Zusage einlösen und mindestens die 300 weiteren Personen aufnehmen. Viele Bundesländer haben dazu ihre Aufnahmebereitschaft erklärt.
Die Lager müssen evakuiert werden
Die Lebensbedingungen in den griechischen Lagern, die beispielsweise auf Lesbos für 3000 Bewohner_innen ausgerichtet sind und wo bis zu 20.000 Menschen auf engstem Raum untergebracht sind, sind nicht nur für unbegleitete jugendliche Geflüchtete unzumutbar. Mittlerweile sind viele Menschen dort geschwächt oder krank, es mangelt an Grundversorgung, Hygienemöglichkeiten und medizinischer Infrastruktur. Insbesondere angesichts der sich ausbreiteten Corona Pandemie wird es hier schlichtweg unmöglich sein, notwendige Maßnahmen wie das „social distancing“ und regelmäßiges Händewaschen einzuhalten. Möchte man die Menschen schützen und eine Ausbreitung des Virus verhindern, müssen die Camps evakuiert werden. Der UNHCR hat dafür bereits Hotelräume angemietet, jedoch ist auch hier eine viel größere europäische Solidarität gefragt, Griechenland darf hier nicht alleine gelassen werden.
‚People on the move‘ - dem Virus schutzlos ausgeliefert
Zum Schutz der lokalen Bevölkerung wurden Grenzen geschlossen und das öffentliche Leben eingeschränkt. Die Auswirkungen sind gerade für Migrant_innen und Geflüchtete zu spüren. Weltweit müssen sie in überfüllten Lagern leben oder befinden sich in Abschiebehaft. Ihnen werden grundlegende gesundheitliche Rechte verwehrt, so sind sie den Folgen der Corona-Pandemie schutzlos ausgeliefert.
Lesen Sie hier, wie sich die Corona-Pandemie auf Geflüchtete und Migrant_innen weltweit auswirkt.