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Kein Tag wie der andere..

Lina ist seit fast einem Jahr in Sambia und freut sich täglich auf die Arbeit im Kinderhospiz. Und dort ist kein Tag wie der andere: immer gibt es neue Herausforderungen und Chancen, tiefer in den sambischen Alltag einzutauchen. Und das strahlende Lächeln der Kinder ist dabei das schönste Erlebnis.

Von Sandra Lüttke am

Kurz nach sechs Uhr, der Wecker klingelt. Halb wach, ziehe ich das Moskitonetz unter der Matratze hervor und richte mich auf. Ein kurzer Blick durch die Gardine, regnet es? Erleichtert über das trockene und freundliche Wetter starte ich in den neuen Tag. Obwohl ich mich erst um zwanzig vor acht Uhr mit dem Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit mache, genieße ich die morgendliche Ruhe und bereite mir ganz in Ruhe mein Frühstück zu, welches ich dann auf der Terrasse, mit Blick in den Vorgarten genieße. Kurz werden noch Nachrichten mit Freunden/Familie in Deutschland ausgetauscht, meiner Gastfamilie einen schönen Tag gewünscht und dann geht es auch schon los.

Durch die Regenzeit und die generell schlechten „Straßen“ bzw. Wege kann schon der Hinweg eine kleine Herausforderung werden, die durch den Regen verursachten kleinen Seen müssen irgendwie umfahren werden, in der Hoffnung, dass man durch die ganzen Schlaglöcher und Scherben keinen Platten bekommt. Aber heute habe ich Glück, es hat in der Nacht nicht geregnet und somit bietet sich mir freie Bahn. Die vorbeigehenden Menschen grüßen mit einem freundlichen „Hello, how are you?“ welches ich mit guter Laune im vorbeifahren beantworte und die Frage erwidere. Auch wenn eigentlich keiner genau wissen will bzw. auch nicht sagen würde, wie es einem eigentlich wirklich geht, mag ich diese offene und freundliche Begrüßung. Nachdem ich das Gate vom Hospiz/Day Care Center passiert habe, für welches ich arbeite, treffe ich auf Kollegen und ein paar Patienten.

Nachdem ich im Hospiz alle gegrüßt habe, ist meine nächste Anlaufstelle das Day Care Center (unser Children Center mit Baby- und Reception Class). Kinder spielen freudig mit Autoreifen, die sie über den Schulhof rollen lassen. Andere schaukeln ausgelassen oder sitzen auf dem Boden und malen mit Kohleresten auf den Steinen. Es ist immer wieder aufs Neue ein schöner Anblick all diese Kinder so ausgelassen spielen zu sehen. Denn alle Kinder kommen aus armen Verhältnissen aus dem Compound, viele sind halb- oder Vollweisen und haben keine so unbeschwerte Kindheit wie man es sich wünscht. Mein Blick schweift über die Schüler bis ich den einen, besonderen Schüler gefunden habe. Besonders, im Verhältnis zu den anderen Schülern, weil er HIV positiv ist und in seiner verzögerten Entwicklung besondere Fürsorge benötigt. Leider bekommt er zuhause wie auch viele andere Schüler durch finanzielle oder familiäre Probleme nicht immer sein Frühstück. Die wichtigste Aufgabe des Day Care Center ist es, den Kindern zwei geregelte Malzeiten pro Tag zu gewährleisten (Porridge gegen halb zehn Uhr und dann noch mal Nschima mit Gemüse und einer weiteren proteinreichen Beilage um halb ein Uhr). Natürlich werden die Kinder auch unterrichtet, aber hauptsächlich geht es darum ihnen einen Ort zur Verfügung zu stellen, wo sie sicher spielen und lernen können und eine geregelte Essensversorgung sichergestellt ist.

Mit dem kleinen Schüler an der Hand gehe ich zur Lehrerin und bitte sie, ihn auf Bemba zu fragen ob, er an diesem Morgen zuhause Frühstück erhalten hat. Nachdem er unsere Frage bejaht, lassen wir ihn zurück zu seinen Freunden laufen, um weiter zu spielen. Dies ist leider eher die Ausnahme, anfangs ist er oft dadurch aufgefallen, dass er ziemlich übermüdet und unkonzentriert im Unterricht saß, weshalb ich ihm zusätzlich, wenn er kein Frühstück zuhause erhalten hat, ein Brot mit Butter und einen Tee zubereite. Da dies aber heute nicht nötig ist, gehe ich ins Büro, um noch mal schnell die Unterlagen für die Schulgebühren zu sortieren. Sobald unser Ambulance vom Krankenhaus zurück gefahren kommt, werden wir (eine angehende Sozialarbeiterin, die ihr Praktikum bei uns macht, und ich) zu vier verschiedenen Schulen fahren, um die Klassenbücher auf Anwesenheit der Schüler zu prüfen, für die das Hospiz die Schulgebühren zahlt. Leider ist das eine sehr zeitintensive Arbeit und obwohl wir noch nicht einmal los gefahren sind, weiß ich jetzt schon, dass unser Vorhaben alle vier Schulen zu schaffen nicht aufgehen wird. Aber gut, optimistisch geplant machen wir uns auf den Weg zur ersten Schule (wo meine Partnerorganisation für ca. 20 Kinder die Schulgebühren zahlt), da wir letzte Woche bereits vor Ort waren erhoffe ich mir, dass sie dieses Mal alle Klassenbücher parat haben, sodass wir nur schnell die Bücher prüfen müssen. Doch kurz nach der Ankunft werde ich eines besseren belehrt. Natürlich sind aus verschiedenen Gründen nicht alle Bücher vor Ort und dann gibt es auch noch einen Schüler der auf einmal einen anderen Nachnamen hat und einen Schüler der wohl verzogen ist…. Am liebsten würde ich verzweifelt die Arme über den Kopf heben, aber innerlich war ich auf weitere Verzögerungen ja schon gefasst. Meine sambische Kollegin hingegen freut sich über die paar vorhandene Klassenlisten und wir können ein paar Kinder auffinden. Obwohl ich in den letzten Monaten, seit dem ich hier bin, schon im Warten geübt bin, merke ich, dass ich noch ein bisschen bis zur sambischen Gelassenheit benötige.

Nach fast zwei Stunden Klassenregister prüfen, entscheiden wir uns morgen nochmal wieder zukommen, in der Hoffnung dass dann weitere Bücher vorzufinden sind. Kaum aus dem Büro, werden wir mit glücklichen Gesichtern belohnt. Das sind Momente wo sich all die Arbeit und das Warten auszahlen. Kinder, die durch diese Schulgebühren die Möglichkeit auf Bildung/ eine gute Zukunft haben. Danach fahren wir noch zu zwei weiteren Schulen. Zu unserer Freude können wir bei einer der Schulen wirklich alle Schüler im Register finden.

So fahren wir mit wesentlich weniger Erfolg als erhofft zurück zum Hospiz. Aber morgen ist ja auch noch ein Tag… Es kommt hier eben immer anders als geplant. Zurück auf der Arbeit, übe ich mit Hilfe eines Rollators noch ein wenig mit einem kleinen Jungen der bei uns im Hospiz wohnt, das Laufen.

Nachdem ich noch ein paar andere Sachen erledigt habe, ist es auch schon 17 Uhr. Zeit für Feierabend. Also radle ich nach Hause, entscheide mich heute noch ins nahelegende Gym zu gehen und falle anschließend müde und erschöpft aufs Bett. Da wir heute schon wieder Stromausfall haben, entscheide ich mich sofort schlafen zu gehen und beende meinen Tag, so wie ich ihn begonnen habe, mit dem Herrichten des Moskitonetzes über meinem Bett. Denn schon morgen wartet wieder ein unvorhersehbarer und erlebnisreicher Tag auf mich.

 

Text und Bild: Lina-Marie Weller

 

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