Südamerikanische Klänge von Gitarre und Akkordeon erfüllen zu Beginn, mittendrin und auch zum Schluss das Zelt 12 auf dem Gelände der Westfalenhallen in Dortmund. Die Musik kommt von einem argentinischen Duo aus der Provinz Misiones. Das Kirchentagspublikum hat auf den obligatorischen Papphockern Platz genommen - das Zelt ist gut gefüllt. Auf dem Podium sitzen Dr. Cornelia Füllkrug-Weitzel, Prof. Annette Weissenrieder von der Martin-Luther-Universität Halle/Saale und Dr. Kim Strübind von der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg, beides Hochschul-Lehrende im Fach Theologie. Alle drei haben etwa je eine Viertelstunde Zeit für einen Auftakt-Vortrag.
Unterwegssein: Eine biblische Grunderfahrung
Dr. Kim Strübind schaut vor allem ins Alte Testament: der Teil der Bibel voller Berichte vom Unterwegssein. Menschen brechen auf, sie sind fremd, sie ringen im ihre Identität in der Fremde, sie kehren heim und ihr Leben ist verändert - immer wieder lesen wir im Alten Testament von dieser menschlichen Grunderfahrung. Abrahm gilt als Prototyp des Migranten.
Die alte Herkunft wird in ein neues Zuhause transformiert
Annette Weissenrieder ist Neutestamentlerin und ihr Blick gilt der Universalisierung, die im Denken und Glauben der urchristlichen Gemeinden stattgefunden hat. Die alte Volkszugehörigkeit - Jude/Jüdin zu sein, oder "Heide" - das gilt nicht mehr. Alle sind nun Glieder der Gemeinde Jesu Christi. Ein neuer Aufbruch in der Wahrnehmung der eigenen Identität.
Heute ist Migration globaler Alltag
Cornelia Füllkurg-Weitzel betont in ihrem Podiumsbeitrag, dass die heutige Erfahrung, nicht mehr auf dem Weg zu sein, nicht gezwungen zu sein, das eigene Land zu verlassen, nur ein Zufall der Geschichte ist. Noch die Generation der Großmütter und Großväter musste während oder nach dem 2. Weltkrieg weit wandern und neu anfangen. Für die Mehrheit der Weltbevölkerung ist Migration globaler Alltag. Als Christinnen und Christen haben wir das Gebot der Schutzpflicht gegenüber Menschen, die auf der Wanderschaft sind - und diese Schutzpflicht gilt ohne Rangfolge. Neben dem persönlichen Engagement stehen auch die Regierungen in der Verantwortung, gute Migrationspolitik zu machen. Für Kirchengemeinden in Deutschland kann ein erster Schritt sein, Migrationsgemeinden ein neues Zuhause zu geben.
Fremdsein und Zuhausein wird neu in Christus
Im anschließenden Gespräch mit allen Teilnehmenden auf dem Podium wurde der gemeinsame Gedanke entwickelt, welche Veränderungen es mit sich bringen könnte, wenn wir die christliche Erfahrung der "neuen Heimat in Christus" ernsthaft weiterentwickeln. Denn dann würde die Kategorie "Fremdheit" in ihrer Schärfe und Trennung so nicht mehr gelten. Eine gute Grundlage zur Entwicklung einer neuen globalen christlichen Identität.