Vom 9.-11. Juli 2018 trafen sich in Santa María Nebaj im Quiché, wo eines von insgesamt drei Stipendienprojekten des ÖSP in Guatemala angesiedelt ist, Vertreter*innen von neun verschiedenen Partnerorganisationen aus El Salvador, Guatemala und Honduras, und mehr als 60 aktuelle Stipendiat*innen aus dem Stipendienprogramm für Benachteiligte sowie einige Alumni. Gastgebende Organisation war ASECSA, eine langjährige Partnerorganisation von BfdW, die seit 2017 einen Stipendienfonds für junge Guatemaltek*innen betreut, die in der Krankenpflegeschule im Ort Salquil Grande eine einjährige Ausbildung zum/r Krankenpflegehelfer*in absolvieren.
Wasser-Megaprojekte bedrohen die Lebensgrundlage
Ziel des Stipendiat*innentreffens war zum einen das gegenseitige Kennenlernen der verschiedenen Stipendiat*innen und Organisationen, ein entwicklungspolitischer und akademischer Austausch sowie eine bessere Vernetzung der Organisationen und jungen Studierenden untereinander, die teilweise zum ersten Mal außerhalb ihres Heimatlandes waren. Denn das Wasser ist in der ganzen Region ein Sorgenthema: Mit dem Klimawandel halten in Zentralamerika längere Dürreperioden Einzug, aber auch häufigere Starkregenereignisse mit Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen. Die Abholzung für die industrielle Export-Landwirtschaft und die Monokulturen sorgen für die Erosion der Böden und extreme Trockenheit. Bedrohlich für die lokale Bevölkerung ist auch die Konzessionierung von Minen, der Bau von Staudämmen und Wasserkraftwerken in zumeist indigenen Territorien. Solche Megaprojekte befördern Land- und damit Wasserraub. Die Menschen verlieren für den Profit einiger transnationaler Unternehmen ihre Lebensgrundlagen. Generell ist der Zugang zu fließendem Wasser ein wichtiges Thema für alle Stipendiat*innen, denn das lebenswichtige Nass kommt in den Regionen, in denen sie leben, nicht selbstverständlich aus dem eigenen Wasserhahn.
In Arbeitsgruppen wurden die vielen verschiedenen Facetten der Wasserproblematik beleuchtet und diskutiert. Die Frage der jungen Stipendiat*innen war: Was können wir alle gemeinsam tun, neben unserem Studium und unseren Ehrenämtern, für die wir uns auch so bislang engagiert haben? „Ohne Wasser gibt es kein Leben – uns macht die drohende Privatisierung von Wasser in unserem Land Angst. Die kapitalistische Wirtschaftsweise betrachtet Wasser als zu vermarktende Ressource, dabei ist es in vielen Kulturen ein heiliges Element. Wir alle brauchen Wasser und müssen das Recht darauf verteidigen“, sagte der 23-jährige salvadorianische Stipendiat Edwin Adael Ramos Vásquez, der im 5. Semester Mechatronik im Stipendienfonds der Partnerorganisation ACEDIM studiert.
Lobbyarbeit für Zugang zu Wasser
Teilweise sind die betreuenden Partnerorganisationen der BfdW-Stipendiat*innen in ihrer Arbeit bereits in das Thema involviert. Wie beispielsweise ACUDESBAL, die sich seit dem Rechtsruck bei den jüngsten Wahlen in El Salvador im März 2018 stark im Bürgerforum MOVIAC gegen die Regierungspläne einer Privatisierung des Wassersektors engagiert – was die salvadorianische Zivilgesellschaft mit Unterstützung der Gewerkschaften, einiger Kirchen und der wichtigsten Universitäten des Landes zu verhindern sucht. Die guatemaltekische Gastgeberorganisation ASECSA informierte aus der Projektregion Santa María Nebaj über die Proteste der lokalen, zumeist indigenen Bevölkerung gegen die zwei geplanten Wasserkraftwerke La Vega I und La Vega II. Und die Mitarbeiterinnen der salvadorianischen Frauenrechtsorganisation Colectiva Feminista berichteten von der mühsamen, aber erfolgreichen Gründung von Wasserkomitees in Kooperation mit den Kommunalverwaltungen in Suchitoto, unweit der Hauptstadt San Salvador gelegen. Abschließend entschieden die Stipendiat*innen, ein junges Netzwerk zu gründen, um künftig als BfdW-Stipendiat*innen gemeinsam Lobbyarbeit für das Recht auf Wasser zu machen und dafür einen eigenen Internetauftritt zu kreieren.
Die Projektbearbeiterin für Guatemala, Johanna van Strien, war bei dem Treffen mit einem Input über die weltweite Arbeit von BfdW zum Thema „Wasser“ mit dabei – und damit eine wichtige Ansprechperson für alle Teilnehmenden, besonders aber für die Stipendiat*innen. Denn im Gegensatz zu den in Deutschland studierenden Stipendiat*innen von Brot für die Welt haben sie nur selten Gelegenheit, mit den Mitarbeitenden ihres Stipendiengebers direkt in Kontakt zu treten - eine Gelegenheit, die ausgiebig genutzt wurde. „Wir dachten, dass die Verknappung der Wasserressourcen hier in unserer Region in El Salvador, Guatemala und Honduras unser lokales Problem ist. Aber wir haben gesehen, dass es auch in anderen Ländern auf der ganzen Welt ähnliche Probleme mit mangelndem oder verschmutztem Wasser gibt und Brot für die Welt in vielen Ländern Wasserprojekte und Lobbyarbeit für ein Recht auf Wasser unterstützt“, meinte Patricia Saravia, Projektkoordinatorin des Stipendienfonds für 12 benachteiligte Jugendliche von ACUDESBAL.
Neben all den Diskussionen in Arbeitsgruppen und im Plenum kam ein abendliches Unterhaltungsprogramm mit Musik und Tanz nicht zu kurz. Dankbar, durch die Begegnungen bereichert und mit dem Gefühl, im Kampf für die Ressource Wasser nicht allein zu sein, sondern solidarisch verbunden und neuer Kraft für künftige Aktionen, ging das erste zentralamerikanische Stipendiat*innentreffen von Brot für die Welt zu Ende. Fazit: In zwei Jahren soll es ein neues Treffen geben, voraussichtlich im Nachbarland Honduras. Dort sollen im Januar 2019 zwei neue Projekte des ÖSP starten.