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Wir sind wie Bäume ohne Blätter

Wir treffen Asyr in der kleinen Wohnung ihrer Tante Gazale im Stadtteil Barla in Diyarbakir, im Süden der Türkei rund 150 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt. Asyr hat ihren fünf Monate alten Sohn auf dem Arm und ihre Töchter dabei. Rund 20.000 syrische Flüchtlinge leben in Diyarbakir unter einfachsten Bedingungen, so wie Asyr und ihre Tante.

 

Von Anne Dreyer am

Wir treffen Asyr in der kleinen Wohnung ihrer Tante Gazale im Stadtteil Barla in Diyarbakir, im Süden der Türkei rund 150 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt. Asyr hat ihren fünf Monate alten Sohn auf dem Arm und ihre Töchter dabei. Sie hört zu während die Tante erzählt, von der Flucht aus Aleppo, dem Leben hier als Witwe mit zehn Kindern. Gazales Mann starb schon in Syrien an Krebs. Der älteste Sohn ist nach Deutschland geflohen, über Libyen. Die Familie lebt von dem, was Nachbarn und Verwandte ihnen geben und von Gelegenheitsjobs. Mit der Miete sind sie im Rückstand. Gazale weint als sie sagt: „Die Mühen nehme ich nur für meine Kinder auf mich. Manchmal würde ich am liebsten nach Syrien zurückkehren, aber ich will, dass meine Kinder in Sicherheit leben.“

Asyr ist jünger, vielleicht 25 Jahre, sie wirkt selbstbewusst. Wo hat sie ihr Kind geboren? „Im Krankenhaus. Aber dort behandelt man mich als Syrerin nicht gut. Ich bin wie eine Bürgerin zweiter Klasse.“ Der Neugeborene wurde geimpft, doch ihre Töchter haben die notwendigen Impfungen nicht bekommen. „Kein Impfstoff, sagen sie.“ Asyrs Mann ist Elektriker. Er arbeitet, erhält aber nur noch die Hälfte des Lohns, den er in Syrien verdient hat. Umgerechnet etwa 60 Euro im Monat. „Und wenn ihm etwas passiert? Wenn er krank wird oder einen Unfall hat?“, fragt Asyr. Offiziell haben syrische Flüchtlinge in der Türkei einen Status als sogenannte Gäste, der ihnen – zeitlich begrenzt – Schutz und Zugang zu sozialen Leistungen, medizinischer Versorgung und Schulbildung gewährt. Eine offizielle Arbeitserlaubnis haben sie nicht. Das heißt, die meisten arbeiten inoffiziell, stehen in großer Abhängigkeit von ihren Arbeitgebern und haben keinerlei Sicherheiten. Es ist keine Seltenheit, das Löhne nicht gezahlt werden oder niedriger ausfallen als vereinbart. Die Einkünfte der Familien sind ohnehin sehr gering. Asyr und Gazale werden daher von der türkischen Partnerorganisation der Diakonie Katastrophenhilfe mit Geldkarten unterstützt. Mit diesen können sie in kooperierenden Supermärkten Nahrungsmittel und Hygieneartikel wie Waschpulver einkaufen. Luxusartikel wie Alkohol, Süßigkeiten,  Zigaretten oder Parfüm können nicht mit der Geldkarte bezahlt werden. „Das ist eine große Hilfe für unser tägliches Überleben“, sagt Asyr. Aber langfristig wünscht sie sich mehr Perspektiven: „Wir sind wie Bäume ohne Blätter. Wir können unseren Kindern hier keine Zukunft bieten.“

Leben ohne Perspektive

Über 2 Millionen syrische Flüchtlinge sind in den letzten vier Jahren des Bürgerkriegs aus ihrem Land in die Türkei geflohen. 85 Prozent der Flüchtlinge lebt außerhalb der offiziellen Flüchtlingslager. Die Familien leben von Ersparnissen und Aushilfsarbeiten, viele verschulden sich bei Verwandten, Vermietern oder Arbeitgebern. Wie Asyr und ihre Tante leben viele Familien im Süden der Türkei, in den Städten nahe der syrischen Grenze. Allein in Diyarbakir sind es etwa 20.000 Flüchtlinge. Sie erhalten keine staatliche Hilfe, Zugang zu medizinischer Versorgung und Schulbildung scheitert oft schon daran, dass nicht ausreichend Sprachkenntnisse vorhanden sind. Mit Förderung durch die humanitäre Hilfe der Europäischen Kommission hat die Diakonie Katastrophenhilfe mit ihrem türkischen Partner Support to Life (STL) im April diesen Jahres das Programm gestartet, das neben der Ausgabe der Geldkarten auch Beratung der Familien einschließt. Sema Karamasoglu, Leiterin der Organisation STL erklärt: „Wir beraten die Familien, wenn sie zum Beispiel im Krankenhaus keine Behandlung bekommen. Wir begleiten sie, übersetzen, manchmal organisieren wir auch Transport.“

Unterstützung durch Sozialarbeiter

So zum Beispiel Usra Hidir. Sie floh mit sieben Kindern vor zwei Jahren aus Aleppo. Zwei ihrer Söhne, Yusuf (5 Jahre) und Ibrahim (25 Jahre), sind behindert zur Welt gekommen. Sie hat keinerlei Unterstützung und ist auf die Hilfe angewiesen: „Verwandte und Nachbarn helfen mir, aber um im Krankenhaus eine Behandlung zu bekommen, brauche ich eine Übersetzung und den Transport für meine Söhne. Miran, der Sozialarbeiter, ist selbst aus Syrien geflohen. Dort hat der 27-jährige sein Medizinstudium abgeschlossen. Er kann das Leid der Familien gut nachempfinden: „Hier in der Türkei kann ich im Moment nicht als Arzt arbeiten, aber ich bin froh, dass ich auf diesem Weg meinen Landsleuten zur Seite stehen kann.“ Die syrischen Familien werden von der Partnerorganisation STL auch beraten, wie sie ihre Kinder in der Schule anmelden können. Doch noch gibt es zu wenige Plätze für die fast 900.000 syrischen Kinder in der Türkei. Manchmal scheitert es auch an dem Transport, den sich die Eltern nicht leisten können oder sprachlichen Barrieren. Nur 30 Prozent gehen bisher zur Schule. „Die ersten syrischen Babys, die in der Türkei geboren wurden, sind heute fünf Jahre alt“, sagt Leiterin Sema Karamasoglu. „Sie brauchen dringend Bildungschancen.“

 

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