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Wenn du Frieden willst…

Von Anne Dreyer am

Wird Deutschland seiner von Bundespräsident Gauck angemahnten (neuen) Verantwortung gerecht? Welche Rolle sollten Deutschland und die Europäische Union (EU) in Krisenbewältigung und Krisenprävention weltweit spielen? Um diese Fragen ging es bei der Podiumsdiskussion auf dem Deutschen Kirchentag. Moderatorin Dr. Jacqueline Boysen diskutierte mit Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt und der Diakonie Katastrophenhilfe, Cem Özdemir, dem Bundesvorsitzenden der Grünen, dem ehemaligen Wehrbeauftragten des Bundestages Reinhold Robbe (SPD) und Martin Kobler, dem Leiter der UN-Friedensmission MONUSCU in der DR Kongo.

Wirtschaftliche Integration wichtig für den Frieden

Cem Özdemir erinnerte an ein Gründungsdokument der Europäischen Union: Eine Rede des damaligen französischen Außenministers Robert Schumann, der bereits 1950 betonte, dass die Entwicklung des afrikanischen Kontinents eine zentrale Aufgabe eines vereinten Europas sei. Özdemir bezog dies in der heutigen Debatte explizit nicht darauf, Flüchtlingsströme nach Europa zu verhindern. Es ginge vielmehr um eine andere Handels-, Fischerei- und Landwirtschaftspolitik, die den afrikanischen Staaten Entwicklungschancen einräumt und darauf den Verfall von Staaten zu verhindern und demokratische Prozesse zu stützen.

Mit Blick auf die Krise in der Ukraine betonte er: „Wir müssen die gemeinsame EU-Außenpolitik hüten wie einen Schatz.  Wenn wir etwas erreichen wollen, ist weniger nationale und mehr europäische Außenpolitik von Nöten.“ Özdemir bezeichnete die Ukraine-Krise als Weckruf für die EU, die eigenen begrenzten Möglichkeiten einer nationalen Außenpolitik zu erkennen, und lobte die Bundesregierung für ihr Eintreten im Minsker-Abkommen und im Prozess 28 Länder auf gemeinsame Sanktionen zu vereinen.

Cornelia Füllkrug-Weitzel ergänzte, dass die wirtschaftliche Integration schon immer eine wichtige Rolle gespielt habe, um Frieden zu schaffen. „Dafür ist die EU das beste Beispiel. Wir müssen den afrikanischen Staaten auf Augenhöhe begegnen und die Afrikanische Union als Friedens- und Sicherheitsarchitektur des Kontinents ernst nehmen.“ Martin Kobler ergänzte: „Die Eigenverantwortung der afrikanischen Staaten ist elementar. Aber was machen wir, wenn diese ihrer Eigenverantwortung nicht gerecht werden?“

In jedem unserer Handys steckt ein Stück Ost-Kongo

Cornelia Füllkrug-Weitzel sagte in Bezug auf das gemeinsame Eintreten in EU- oder UN-Missionen: „Es hapert an einer kohärenten und glaubwürdigen Haltung. Schutzverantwortung ist ein gutes Instrument, aber wird das überall gleichermaßen implementiert? Oder steht nicht oft die Durchsetzung eigener Interessen im Vordergrund.“ Keines der Mandate hätte bisher dazu beigetragen langfristig Frieden in einem der Länder herzustellen. Kobler,  Leiter der UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo, die als einzige mit einem offensiven robusten Mandat der Vereinten Nationen ausgestattet und mit 3.000 Einsatzkräften aktuell die größte Mission ist, stimmte zu: „Die Mission läuft ins Leere, wenn nicht staatliche Ordnung wiederhergestellt wird. Wir müssen den Ursachen der Konflikte an die Wurzeln gehen. In jedem unserer Handys steckt ein Stück Ost-Kongo. Dort werden die Mineralien unter menschenunwürdigen Bedingungen gefördert. Hier ist auch die Wirtschaft gefragt. Wir brauchen ein Antibiotikum, kein Aspirin.“

Gesellschaftlicher Diskurs

Für eine kohärente Friedenspolitik fehlt Cornelia Füllkrug-Weitzel ein Prozess, der Visionen entwickelt. Auch Reinhold Robben mahnt einen gesellschaftlichen Diskurs über die Außen- und Sicherheitspolitik an: „Politik und Öffentlichkeit gehen da in ihrer Anschauung stark auseinander. Im Bundestag treffen Abstimmungen über Einsätze der Bundeswehr oft auf eine hohe, Partei übergreifende Akzeptanz, während die Bevölkerung diese oft kritisch sieht. Es gibt einen tiefverwurzelten Pazifismus in Deutschland.“  Cornelia Füllkrug-Weitzel sieht diese Haltung der Öffentlichkeit als etwas sehr positives:  „Für mich ist das ein Zeichen, dass in der deutschen Bevölkerung  ein hohes Bewusstsein dafür besteht, dass wir in beiden Fällen schuldig werden. Oft werden sehr komplexe Konfliktsituationen von der Politik schnell und voreilig in Gut und Böse eingeteilt. Dabei müssen wir akzeptieren, dass wir in beiden die Folgen nicht absehen können. Vielmehr sollten wir langfristig die Zivilgesellschaft unterstützen, die richtigen Fäden selbst zu ziehen als vorschnell den Knopf ‚militärische Intervention‘ zu drücken. “

Zivilgesellschaft stärken

In der Stärkung der Zivilgesellschaft sehen die Teilnehmer einen elementaren Baustein für eine funktionierende Friedenspolitik. „Weltweit gibt es eine massive Bewegung, zivilgesellschaftliches Engagement mundtot zu machen“, so Füllkrug-Weitzel. „Aber es muss eine starke Zivilgesellschaft geben. Nur mit ihr im Dialog kann langfristig Frieden entstehen.“ Reinhold Robbe plädiert für eine Kohärenz in Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik. Cem Özdemir betont wie wichtig es ist, die Staaten zu unterstützen, die sich auf den demokratischen Weg gemacht haben. „Was macht Europa um Tunesien zu helfen? Es ist das einzige Land, bei dem der arabische Frühling zur Demokratisierung geführt hat. Doch gleichzeitig reisen die meisten jungen Männer aus diesem Land nach Syrien und in den Irak, um sich dem sogenannten Islamischen Staat anzuschließen.“

Martin Kobler ergänzte, dass viel zu oft Konfliktpräventionsprogramm nicht umgesetzt würden: „Wir müssen die begrenzten Möglichkeiten der Vereinten Nationen akzeptieren, es kann keine Lösungen gegen den Willen des Gastlandes geben. Aber wir dürfen nicht wegschauen. Wir müssen jetzt schon da hinschauen, wo morgen Konflikte entstehen.“

Cornelia Füllkrug-Weitzel betonte aus der Anschauung der eigenen Arbeit:  „Mit der Diakonie Katastrophenhilfe setzen wir uns in rund 140 Krisen weltweit für Menschen in Not ein. Die meisten werden Ihnen gar nicht bewusst sein, weil kaum über sie berichtet wird. Diese Krisen halten wir aus, ohne über militärisches Eingreifen zu diskutieren.“ Sie plädierte für ein bedachtes Vorgehen: „Aushalten heißt nicht Passivität. Gerade wenn ein Konflikt hochkocht und alles schreit ‚draufhauen‘, müssen wir alle Handlungsmöglichkeiten prüfen und uns nicht vorschnell für den Griff zur Waffe entscheiden. Mir persönlich hilft das Gebet. Wir dürfen nicht vergessen, dass nicht wir als Menschen alles in der Hand haben.“

 

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