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Feministische Theologie in der ACT Alliance

Die ACT Alliance ist ein Zusammenschluss von über 140 NGOs und Kirchen weltweit, die sich für eine bessere Kooperation und Kommunikation untereinander einsetzt. Sowohl Brot für die Welt auch als die Diakonie Katastrophenhilfe sind dabei Mitglied. Eine Arbeitsgruppe der ACT Alliance arbeitet regelmäßig zum Thema Gender. Elisabeth Keuten begleitet die Arbeitsgruppe für Brot für die Welt Jugend. Hier berichtet sie vom letzten Treffen der Arbeitsgruppe in Kopenhagen.

Von Brot für die Welt Jugendausschuss am
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Ich durfte als Jugendrepräsentantin beim letzten Treffen der Gender Community of Practice (so heißen die Arbeitsgruppen in der ACT Alliance) dabei sein und mich in ihre Arbeit einbringen. Dabei wurde ein Schwerpunkt auf die theologische Betrachtungsweise von Gleichberechtigung gelegt. Mir stellte sich während der zwei Tagen dabei v.a. die Frage, welche Möglichkeiten aber auch Hürden der christliche Glauben in dieser Zusammenarbeit mit sich bringt.

Der weibliche Körper als Materialität

Eine Teilnehmerin des Treffens, die sich bereits seit Jahren mit solchen Fragen beschäftigt, gab uns einen kurzen Input. Sie stellte unteranderem das Konzept der Materialität im christlichen Glauben vor, das etwas Greifbares und Gegenständliches beinhaltet. Sie argumentiert, dass Teil der christlichen Materialität der weibliche Körper sei und maßgeblich zu einer Verdinglichung beiträge. Er wird als ein Tempel und als Ort von neuem Leben betrachtet. Viele Frauen sehen ihren Körper als Einsatz für die Gesellschaft und als Materie für Leben. Durch die reproduktive Funktion des weiblichen Körpers besitzt er eine tragende Rolle in der Gesellschaft und wird ebenso in dieser öffentlich diskutiert. Das kann zu Unwohlsein seitens der Frauen führen, da die Körperlichkeit etwas sehr Persönliches und Intimes ist. Einige konkrete Beispiele dafür sind Diskussionen über weibliche Genitalverstümmelung (FGM), Abtreibung, sexuell übertragbare Krankheiten, Verhütung und die Periode sowie das jeweilige Wissen und die Kommunikation darüber. Eine Problematik, die damit einher geht, ist der z.T. starke Griff der Institution Kirche, der Menschen am freien Sprechen und Denken hindern kann. Religion kann als ein einengendes Korsett empfunden werden, das keine Freiheiten zulässt.

Aktiv gegen Geschlechterungerechtigkeit

Die Diskussion während des Treffens der Gender CoP verlagerte sich dann zu dem Wunsch, die mit Verboten aufgeladenen religiösen Institutionen zu lockern. Dies sei vorwiegend die Aufgabe von theologischen SprecherInnen, die nicht eng an Kirchen gebunden sind und somit freier sprechen können. Außerdem war die Rede von einer Bestärkung von sogenannten „faith actors“ und einem gleichzeitigen Begriffswechsel. Benutzt wird nämlich häufig die Bezeichnung „faith leader“, jedoch können nicht nur ältere und erfahrene Priester ein Vorbild sein, sondern ebenso gut junge engagierte Menschen. Faith actors sind die, die andere innerhalb oder außerhalb ihrer Gemeinde inspirieren und Themen ansprechen, die sonst vielleicht nicht viel diskutiert werden.

Netzwerke der Gleichstellung

Sie sollten unterstützt werden, damit sie Netzwerke von Gleichstellungswerten aufstellen können. Grundlage solcher Netzwerke bildet auf jeden Fall der gemeinsame Glauben, der weder neuentdecket noch erschaffen werden muss. Es geht vielmehr um eine neue Ausrichtung und Betrachtungsweisen von biblischen Texten. Die Bibel kann vielseitig gelesen werden und Textstellen, die sonst nicht häufig bis gar nicht diskutiert wurden, bearbeitet werden. Die zweiteilige Spaltung der Geschlechter und die Frau als der schwächere Teil müssen nicht im Vordergrund stehen. Mir haben die zwei Tage in Hinsicht auf Geschlechtergerechtigkeit gezeigt, wie vielschichtig die Betrachtungsweisen und Lebensrealitäten sind.

Glaube als Barriere oder Türöffner

Der christliche Glaube kann dabei eine einengende, aber auch befreiende Rolle spielen und sollte auf eine positive Art genutzt werden. Auch für die Tätigkeiten der Brot für die Welt Jugend, sind diese Themen von Bedeutung, da wir oft in christlichen Kontexten unterwegs sind. Die Idee, dass das Christentum keine Barriere, sondern Möglichkeit für das Verständnis von Gendergerechtigkeit sein kann, sollte weiterverbreitet werden. Gender-Diskussionen scheinen inzwischen mainstream geworden zu sein, aber gerade jetzt sollte man sie nicht vernachlässigen. Genderungerechtigkeit zieht sich durch viele Ecken unserer und fremder Gesellschaften und beeinflusst das Handeln und Denken. Die zwei Tage zeigten mir, dass es wichtig ist sich auch theologisch mit Gender auseinander zu setzen und es viel Potential für zukünftige Aktivitäten als „faith actors“ gibt.

von Elisabeth Keuten