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Straffreiheit weltweit bekämpfen

Alle schweren Menschenrechtsverbrechen sollen weltweit gleichermaßen verfolgt werden können. Das fordert Brot für die Welt anlässlich des Europäischen Tages gegen die Straflosigkeit.

Von Dr. Johannes Icking am
Justizia vor der EU-Flage

Die EU schreibt sich den Einsatz gegen die Straflosigkeit weltweit auf die Fahnen

Jedes Jahr am 23. Mai begeht die EU den Tag gegen die Straflosigkeit. An diesem Tag präsentiert sie, wie sie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Genozid verfolgt. Im letzten Jahr richtete sich ein Großteil der Anstrengungen der EU auf die Aufarbeitung der durch Russland begangenen schweren Verbrechen in der Ukraine.

Einsatz für die Ukraine

Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 haben sich die EU und ihre Mitgliedsstaaten erfolgreich für die Schaffung einer Reihe von Instrumenten eingesetzt, um die Verfolgung schwerer Verbrechen, die im Zusammenhang mit diesem Konflikt begangen wurden, zu gewährleisten. So hat sich die EU im UN-Menschenrechtsrat erfolgreich für die Einsetzung einer unabhängigen internationalen Untersuchungskommission zu den Verbrechen im Ukraine-Krieg sowie für die Schaffung eines Sonderberichterstatter:innen-Mandats für die Menschenrechtssituation in Russland stark gemacht.

Zudem ist die Unterstützung für die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) zu den Verbrechen in der Ukraine groß. So haben die EU-Mitgliedsstaaten über 8 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln in Form freiwilliger Beiträge bereitgestellt und zudem mehr als 40 Expert:innen an das Büro des IStGH-Anklägers abgeordnet. Auch wenn die freiwilligen Beiträge laut IStGH-Statuten nicht zweckgebunden sein können, haben mehrere Regierungen diese öffentlich an die Arbeit des Gerichtshofs zur Ukraine geknüpft.

Haftbefehl gegen Putin

Die finanzielle Unterstützung für die Arbeit des IStGH, sicher aber auch der politische Druck westlicher Staaten, haben mit dazu beigetragen, dass das Gericht im März 2023 einen Haftbefehl gegen Präsident Putin und Maria Lvova-Belova ausstellte. Beide werden verdächtigt, die Deportation ukrainischer Kinder nach Russland angeordnet zu haben. Es ist das erste Mal, dass ein Vertreter eines permanenten Mitglieds des UN-Sicherheitsrats vom IStGH mit Haftbefehl gesucht wird. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass Putin sich bald in Den Haag wiederfindet, hat der Haftbefehl gegen ihn doch hohen symbolischen Wert. Er erkennt die schweren, an den Ukrainer:innen begangenen Menschenrechtsverletzungen und delegitimiert die russische Kriegspropaganda, die den Transfer ukrainischer Kinder als humanitäre Aktion darstellt.

Der in Rekordzeit verhängte Haftbefehl gegen Putin und die große Unterstützung für die Aufarbeitung der im Kontext des Ukrainekriegs begangenen Verbrechen sind eine notwendige Reaktion auf die in der Ukraine begangenen Gräueltaten. Die gemeinsamen Anstrengungen der EU und internationaler Partner zeigen, was möglich ist, wenn schwerste Menschenrechtsverletzungen konsequent geahndet werden.

Selektiver Einsatz für Gerechtigkeit

Gleichzeitig fallen im Vergleich der langsame Fortschritt bei den Ermittlungen zu den Verbrechen in anderen Ländern und die fehlende internationale Aufmerksamkeit hierfür umso mehr auf. Das zeigt die Doppelstandards der EU im Einsatz für internationale Gerechtigkeit. In Afghanistan oder Myanmar engagiert sich die EU wenig bei der Aufarbeitung massiver Kriegsverbrechen. In Äthiopien scheint die EU seit dem Friedensschluss Anfang des Jahres ihr Engagement für die Beibehaltung des durch den Menschenrechtsrat eingesetzten Untersuchungsmechanismus zu überdenken. Ein Auslaufen des Mechanismus würde es unwahrscheinlich machen, dass die Verantwortlichen für die in Tigray und anderen Regionen des Landes begangenen Kriegsverbrechen jemals zur Rechenschaft gezogen werden.

Und in Ländern wie den Philippinen warten die Opfer von Menschenrechtsverletzungen seit Jahren darauf, dass die Ermittlungen des IStGH zu Anklagen gegen die Verantwortlichen führen. Die EU-Mitgliedsstaaten tragen dafür eine wichtige Mitverantwortung. Einerseits weigern sie sich, das Gericht ausreichend zu finanzieren. Gleichzeitig reagieren sie nur mit Schulterzucken, wenn Regierungen, wie im Fall der Philippinen, jegliche Kooperation mit dem Strafgericht verweigern.

Glaubwürdigkeit des internationalen Rechtssystems in Gefahr

Diese Selektivität im Einsatz gegen die Strafflosigkeit birgt die Gefahr, die Glaubwürdigkeit des gesamten internationalen Rechtssystems zu untergraben. Wenn Gerechtigkeit nun dann zu haben ist, wenn es im Interesse westlicher Staaten liegt, dann werden sich weite Teile der Welt von diesem System abwenden. Die Reaktion der EU auf den Krieg in der Ukraine muss deswegen als Vorbild dafür dienen, unparteiische und umfassende Gerechtigkeit zu schaffen, wo immer sie benötigt wird.

Dazu muss endlich der reguläre Haushalt des IStGH so aufgestockt werden, dass er seine essentiellen Aufgaben erfüllen kann, anstatt dem Gericht nur dann freiwillige Zuwendungen zukommen zu lassen, wenn das politische Interesse hoch ist. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Legitimität der Arbeit des IStGH untergraben und seine Arbeit politisiert wird.

Im UN-Menschenrechtsrat sollte sich die EU immer dort für die Einsetzung von Rechenschaftsmechanismen einsetzen, wo es zu schwerwiegenden und systematischen Menschenrechtsverletzungen kommt, die sonst unaufgearbeitet bleiben würden. Dies gilt insbesondere auch für solche Länder, mit denen die EU eine engere Kooperation anstrebt. Wirtschaftliche und politische Interessen dürfen dem Streben nach Gerechtigkeit nicht entgegen stehen.

 

 

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