Kommentar

China-Strategie: Resilienz nicht zulasten Dritter

Die Bundesregierung hat ihre China-Strategie veröffentlicht. Deutschland soll seine Abhängigkeit von chinesischen Rohstoffen und Produkten reduzieren und so seine Krisenfestigkeit erhöhen. Sicherheitspartnerschaften mit anderen Ländern der Region sollen ausgebaut werden. Diese Politik muss denselben menschenrechtlichen Maßstäben genügen, die zurecht auch für China angelegt werden.

Von Dr. Jörn Grävingholt am
China Shipping Frachtschiff legt am Hafen an.n.

China Shipping Frachtschiff legt an.

Vergangenen Donnerstag, halb Deutschland war schon in den Sommerferien, hat die Bundesregierung ihre lange erwartete China-Strategie beschlossen und veröffentlicht. Es ist das erste Mal, dass es ein solches Dokument gibt. Gemeinsame Länderstrategien der gesamten Regierung, nicht nur einzelner Ministerien, haben keine lange Tradition in der deutschen Außenpolitik.

Aber China ist eben ein besonderer Fall: das bevölkerungsreichste Land der Erde, die zweitgrößte Volkswirtschaft, Deutschlands wichtigster Handelspartner, die größte Werkbank der globalen Konsumgüterindustrie, eine fast monopolartige Stellung bei Förderung und Export mancher kritischer Rohstoffe, ein jahrzehntelanger wirtschaftlicher Aufstieg, durch den das Land wie kein anderes die Armut in seiner Bevölkerung reduziert hat. All das, in den letzten Jahren vielfach besprochen, weist China als Weltmacht aus.

Weltmacht China: Kaum Raum für Zivilgesellschaft

Doch zugleich werden Minderheiten und politisch Andersdenkende massiv unterdrückt, gibt es kaum Raum für zivilgesellschaftlichen Dissens, herrschen im Internet Zensur und Desinformationskampagnen. Hongkong, Xinjiang, Tibet, Taiwan – so unterschiedlich die Kontexte, überall nimmt der politische Druck zu und mit ihm die Bereitschaft der chinesischen Führung, ihre globale Stellung zu nutzen, um ihn noch weiter zu erhöhen.

Im Einklang mit der China-Strategie der EU von 2021 identifiziert die Bundesregierung China als „Partner“, „Wettbewerber“, und „systemischen Rivalen“. Einen Rivalen also, an dem bei zentralen globalen Fragen kein Vorbeikommen ist: Kein Land baut seine erneuerbaren Energien schneller aus als China. Und keines vergrößert zugleich seine CO2-Emissionen durch weitere fossile Kraftwerke so massiv. China beansprucht, einen historischen Nachholbedarf zu haben, denn noch sind seine Pro-Kopf-Emissionen niedriger als etwa jene in Deutschland. Dem Klima sind solche Debatten indes egal. Daher müssen gemeinsame Lösungen gefunden werden.

Beachtung internationaler Standards als Voraussetzung für Staatshilfen

Wohltuend klar benennt die Bundesregierung die kritischen Seiten der chinesischen Politik. Und sie verpflichtet sich ausdrücklich darauf, die Beachtung internationaler Schutzstandards zur Voraussetzung für staatliche Hilfen wie Investitionsabsicherungen oder Exportkreditgarantien zu machen. Es wird spannend sein zu beobachten, ob dies zu Veränderungen in der Praxis führt.

Einseitige Abhängigkeiten haben sich in den letzten Jahren als strategische Fehler herausgestellt – sei es bei Medizinprodukten in der Covid-Pandemie, sei es bei Öl und Gas aus Russland. Damit sich derlei in Zukunft nicht wiederholt, sollen im Falle Chinas nun Risiken reduziert und Abhängigkeiten verringert werden. Dabei soll China-Politik in Zukunft nicht nur in den bilateralen Beziehungen mit Peking stecken. Auch globale Partnerschaften und die internationale Zusammenarbeit sollen an ihr ausgerichtet werden und das Ziel der Resilienz fördern.

Bundesregierung will Partnerschaft mit Chinas Nachbarn stärken

Damit wird Deutschlands China-Politik auch Folgen für andere Teile der Welt haben – für jene Länder (etwa in Afrika), die von China massiv umworben werden und denen Deutschland in Zukunft bessere Angebote machen will, ebenso wie für Chinas Nachbarn in der indopazifischen Region, die über Pekings außenpolitische Ambitionen besorgt sind.

Mit letzteren will die Bundesregierung ihre Partnerschaft verstärken. So weit, so nachvollziehbar. Dass die Strategie hier als Kooperationsfelder aber nur sicherheitspolitische und militärische Zusammenarbeit hervorhebt, gibt Anlass zur Beunruhigung. Denn auch in Ländern wie Indonesien oder den Philippinen ist die Menschenrechtslage weit entfernt von rosig, werden Umweltaktivistinnen und Menschenrechtsverteidiger staatlich drangsaliert und unterdrücken Behörden zivilgesellschaftliche Freiheiten. Schon jetzt ist zu beobachten, dass Deutschland die Menschenrechtsprobleme in gerade jenen Ländern nur unzureichend adressiert, mit denen solche neuen Allianzen angestrebt werden.

Menschenrechtliche Standards müssen geachtet werden

Daher dürfen dieselben menschenrechtlichen Standards, die zu Recht gegenüber China angelegt werden, auch in Partnerschaften, die den Machtanspruch Chinas begrenzen helfen sollen, nicht als vermeintlich zweitrangiger Luxus unter die Räder kommen. Das Anlegen von zweierlei Maß hat den „Westen“ insgesamt im globalen Süden viel Vertrauen gekostet. Ob bei der Verteilung von Covid-Impfstoffen, in der Energiepreiskrise oder in der Bekämpfung von Nahrungsmittelknappheit: Nicht nur Regierungen, auch Gesellschaften erinnern sich daran, wer in schwierigen Zeiten an ihrer Seite stand oder aber aus Eigennutz das Notwendige unterlassen hat. Wenn in den kommenden Monaten und Jahren die angekündigten Sicherheitspartnerschaften ausgestaltet werden, muss gewährleistet sein, dass damit nicht die Mittel zur Unterdrückung freier Zivilgesellschaften, zur Repression gegen Andersdenkende und gegen Minderheiten gestärkt werden.

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