Die Gesellschaftsstruktur der Bribris setzt sich aus 36 „Clans“ zusammen. Diese Clans sind Familienlinien und funktionieren so ähnlich wie das Nachnamen-System im spanischsprachigen Raum. In Spanien und Lateinamerika hat man immer zwei Nachnamen, der erste ist der erste Nachname des Vaters, der zweite der der Mutter. Man selbst gibt dann wiederum seinen ersten Nachnamen an seine Kinder weiter. Bei den Bribris hat man den Clan seiner Mutter, den des Vaters nicht. Die Mutter gibt immer den Clan weiter. Dies hat durchaus weitreichende Folgen.
Verwandtschaft mit Folgen
Kinder, deren Mutter Bribri ist, deren Vater aber nicht, sind im vollen Sinne Bribri, da sie von ihrer Mutter den Bribri-Clan erhalten. Kinder, deren Mutter aber keine Bribri ist, können keinen Clan erhalten und sind daher keine Bribris. Heutzutage gibt es Fälle, in denen Bribris und nicht-Bribris zusammenleben und Kinder haben. Da man im Bribri-Territorium als nicht-Bribri kein Land besitzen darf und nicht offiziell angestellt sein darf, kann es zu Problemen kommen, wenn ein Bribri-Mann eine nicht Bribri-Frau heiratet.
Die Kinder können auf dem Grundstück ihrer Eltern Leben und zur Schule gehen, können auf deren Feldern Arbeiten, wenn die Eltern aber sterben, hängt es von der restlichen Bribri-Familie ab, ob sie den Kindern gewährt, weiter auf dem Land der Eltern zu leben. Wenn sich eine Bribri-Familie mit nicht-Bribri-Verwandten nicht versteht und deren Eltern schon gestorben sind, geht das Land im Bribri-Territorium an die Bribri-Familie über.
Familien zwischen Völkern
Andere indigene Gruppen, die in Talamanca oder nahe der panamanischen Grenze leben, beispielsweise die Cabécar und Naso, ähneln sich sehr und haben auch Clan-Systeme als gesellschaftliche Struktur. Vor der Ankunft der Spanier gab es zeitweise auch Kriege zwischen Bribris und Nasos, aber heutzutage verstehen sie sich sehr gut und nicht selten leben Bribris und Nasos auch als Paar zusammen und haben Kinder. In diesem Fall entscheidet auch wieder die Kultur der Mutter, welcher Kultur sie im vollen Sinne angehören. Ist die Mutter Naso, so sind die Kinder auch Nasos.
Mit den Cabécar waren die Bribris schon immer sehr seng verbunden und teilen praktisch die selbe Kultur, Weltanschauungen und Lebensweise, haben aber eine andere Sprache. Sie verstehen sich als zwei verschiedene Kulturen, die aber vieles gemeinsam haben und immer zusammenarbeiteten.
Alle 36 Clans beziehen sich auf etwas aus der Natur, eine Tier- oder Pflanzenart oder einen speziellen Ort. Das Bribri-Wort, das mit „clan“ über setzt wird, ist wak und hat eine sehr tiefgehende Bedeutung. Im Spanischen wird teilweise das Wort „dueño“, Besitzer, zur Erklärung benutzt. Dies soll heißen, dass man verantwortlich für etwas ist. Wak bedeutet aber mehr, wer den Clan von etwas hat, ist Teil davon und hat damit eine spezielle Aufgabe.
Clansystem bestimmt Lebensweise
Vom Clansystem hängt sehr viel der traditionellen Sozialstruktur und Lebensweise ab. Die Clans bestimmen, welche Aufgaben in der Gesellschaft man ergreifen kann, wen man heiraten kann, welche Verantwortungen man hat und vieles mehr. Als „Familie“ auf Bribri yami, bezeichnen die Bribris traditionell alle, die den selben Clan haben, auch wenn der- oder diejenige nicht unbedingt im biologischen Sinn enger verwandt ist. Traditionell darf man nicht im selben Clan heiraten, auch nicht, wenn der/ die Partner/-in gar nichts mit der eigenen biologischen Familie zu tun hat.
Heutzutage wird dies nicht mehr so streng beachtet. Inzucht ist – soweit ich weiß – nicht üblich und wird auch nicht gern gesehen. Allerdings ist der Clan für die Partnerwahl nicht mehr so wichtig. Dennochs wird das Clansystem immer noch weiter geführt, jeder weiß seinen Clan und er wird auch bei offiziellen Dokumenten angegeben, die das Bribri-Territorium betreffen, etwa beim Kauf von Grundbesitz.
Der letzte König
In der Kultur der Bribris gibt es acht verschiedene traditionelle „Berufe“, spezielle Aufgaben in der Gesellschaft, die unter anderem bei Zeremonien eine sehr wichtige Rolle spielen. Der soziale und politische Führer war der blu, von den Bribris selbst meist mit „König“ übersetzt. Dieser hatte die höchste politische Stellung und organisierte die Bribri-Gesellschaft un wurde auch von den Nasos und Borucas als König anerkannt. Am 3. Januar 1910 starb der letzte König der Bribris mit dem möglichen Nachfolger, der schon in der notwendigen Ausbildung war.
Es heißt, sie wurden von der United Ftuit Company vergiftet, da sie versuchten, die Region Talamanca, Heimat der Bribris, gegen das Vordrängen der Bananenplantagen zu verteidigen. So sollte der Königslinie der Bribris ein Ende gemacht werden. Der letzte mögliche Erbe, Sohn einer Schwester Saldañas, nahm den Königstitel an, wurde aber nicht von allen anerkannt, da er nicht die für das Königsamt nötige Ausbildung des vorherigen Königs erhalten hatte und er starb 1922 an Tuberkulose. Da keine weiteren möglichen Nachfolger mehr da waren, starb mit ihm die Königslinie der Bribris endgültig aus.
Da Antonio Saldaña der letzte König war, der in allen spirituellen und sonstigen Bereichen von seinem Vorgänger ausgebildet wurde, gilt er als der letzte König der Bribris. Das Amt des Königs kann nicht wieder aufgenommen werden, da damit bestimmtes Wissen und Fähigkeiten verbunden sind, die nur vom König an je einen Nachfolger weitergegeben werden. Dieses Wissen ist mit Antonio Saldaña verloren gegangen.
Acht Aufgaben
Eine weitere der acht cargos tradicionales, „traditionellen Aufgaben“, ist der awá, spezialisiert in traditioneller Medizin und Spiritualität. Ich benutze ungern das Wort Schamane, um keine Stereotypen zu bedienen, die dem nicht gerecht werden. Der awá hat etwa zwölf Jahre Ausbildung hinter sich, leitet die Zeremonien an und verdient unter den übrigen traditionell Spezialisierten den höchsten Respekt.
Unter den acht traditionellen Aufgaben sind auch Frauen. Zwei der acht Aufgaben kann sogar nur von Frauen erfüllt werden und eine davon ist in jeder Zeremonie notwendig. Diese Aufgabe ist das Herstellen von Schokolade für die Zeremonie. Schokolade ist den Bribris Heilig und wird in der Zeremonie auf verschiedene Weise zur Reinigung verwendet. In sofern hat auch die Frau in der Kultur der Bribris traditionell eine wichtige Rolle und es wird immer wieder betont, dass in der Bribri-Kultur Mäner und Frauen gleichgestellt sein sollten.
Die Sprache Gottes
Alle, die sich für eine dieser traditionellen Aufgaben ausilden lassen, lernen eine besondere Sprache, die nur von den Spezialisierten verstanden wird. Diese Sprache ist ganz anders als das normal Bribri, sodass ein Bribri, der keine der acht traditionellen Spezialisierungen erfüllt, diese spezielle Sprache nicht versteht. Diese Sprache ist die Sprache von sibö, Gott und wird daher für zeremonielle Handlungen verwendet, um mit sibö in Kontakt zu treten. Spannend ist, dass die zeremonielle Sprache bei den Bribris und Cabécar gleich ist. Traditionell Spezialisierte der Bribris und Cabécar verstehen sich also untereinander, wenn sie die zeremonielle Sprache sprechen. Spricht aber jeder seine Alltagssprache, verstehen sie sich nicht.
Mann und Frau sind gleichgestellt
Durch den Einfluss der sikuapa (nicht indigene) gelang auch der machismo, die Vorherschaft des Mannes, nach Yorkín. Heutzutage aber sind Mann und Frau meiner Erfahrung nach relativ gleichgestellt. Es ist so, dass viele Frauen sehr jung Kinder bekommen und dass einige Aufgaben eher von Männern, andere von Frauen erledigt werden. Es sind meist die Frauen, die Kochen und im Haus arbeiten, die Männer, die auf dem Feld die physisch schwereren Arbeiten verrichten.
Aber vieles wird auch gemeinsam erledigt, auch schwere Arbeiten auf dem Feld oder im Wald und es wird im Team gearbeitet, Männer und Frauen gemischt. Auch was die Entscheidungen im Haushalt und die Arbeit im Tourismus angeht, ist die Gleichstellung hoch. Im Fall von Stibrawpa gibt es sowohl Männer und Frauen die als Guides arbeiten oder Betten machen und der Vorstand besteht immer aus Frauen.
Selbstverwaltung der Indigenen
Da es keine Könige mehr gibt, wurde in jedem der Bribri-Territorien eine Territorialverwaltung eingerichtet, die die Selbstverwaltung der Bribris garantieren soll und vom Staat anerkannt ist. Diese Territorialverwaltung bildet die Schaltstelle zwischen Staat und Bribri-Territorium. In jedem Ort gibt es außerdem einen „consejo de vecinos“, ein Anwohnerrat, der sich um Dorfstreitigkeiten kümmert und politische Geschehnisse von der Territorialverwaltung direkt zur Bevölkerung vermitteln soll. Auch in diesem Anwohnerrat sind in Yorkín Frauen vertreten, im Moment stellt eine Frau die Präsidentin.
Die traditionelle Gesellschaftsstruktur und die aktuelle Situation bieten also Chancen für Männer und Frauen. Ich kann natürlich nur für meine persönlichen Erfahrungen in einem der 24 Orte im Bribri-Territorium sprechen und es gibt noch einiges zu verbessern, aber hier sehe ich den machismo als in vielen Bereichen überwunden. Eher wird heute bewusst gemacht, dass aufgrund der Kultur der Bribris Frauen den gleichen Respekt verdienen sollten und die gleichen Chancen haben sollten und dass Ungleichheit und Vorherrschaft nicht Teil der Kultur sind.